Edward G. Robinson, Jean Parker, Peter Graves, Milburn Stone, Warren Stevens
![]() | ![]() | ![]() | ![]() |
© United Artists Corporation
Im Todestrakt des Staatsgefängnisses patroulieren die uniformierten Wachen vor den Zellen derer, die verurteilt wurden und ihrer Hinrichtung entgegensehen. Unter ihnen ist der Afro-Amerikaner Selwyn (Don Blackman), der hinter den Gitterstäben seiner Zelle ihren Schritten lauscht. Er setzt sich hin und schnappt sich einen Hocker, auf dem er mit den Händen einen simplen Takt schlägt, als er den Black Tuesday Blues anstimmt: „Black Tuesday, black tuesday / I pray for that day to never come / That evening I’m leaving / That’s when my life on this earth will be done…” In den benachbarten Zellen tigern die ruchlosen Gangster und Mörder Vincent Canelli (Edward G. Robinson) und Peter Manning (Peter Graves) sichtbar unruhig auf und ab. Auch der in einer nächsten Zelle eingesperrte Howard Sloane (Russell Johnson) bewegt sich nervös durch den spartanischen und zur Hälfte im Dunkeln liegenden Raum. Neben ihm ist es Fiaschetti (Phillip Pine), der jetzt mit beiden Händen das Gitter umklammernd Slewyns Gesang nicht mehr aushält und ihm zuruft, dass er aufhören solle… Vor den Toren des Gefängnisses wurde die neue Ausgabe der Tageszeitung The Star Dispatch am Straßenrand zum Verkauf ausgelegt; eine Zigarrenschachtel dient als Kasse. Eine Limousine rollt heran, Joey Stewart (Warren Stevens) steigt aus und greift sich die Zeitung, die auf der Titelseite die für den nächsten Tag bevorstehende Exekution Canellis und Mannings verkündet. Erst heute lehnte Gouverneur Watson deren Begnadigung einmal mehr ab…
“Listen to me, Vincent... you can't keep on killing and killing.” – “No? Just watch me.” Gangsterfilme kamen in den USA nie aus der Mode, auch nach ihrer ersten Blütezeit in den frühen 30ern nicht und damit noch vor ihrem Comeback Mitte der 50er Jahre. Sie verschmolzen mit der Tradition des Film Noirs. Letzterer brachte in die jeweiligen Filmdramen reichlich Nuancen, die übers Gut-versus-Böse-Schema in William A. Wellmans The Public Enemy (USA 1931), Rouben Mamoulians Pulverfass New York / Straßen der Weltstadt (USA 1931) oder Howard Hawks‘ Scarface (USA 1932) weit hinauswuchsen. Der in Rumänien gebürtige Edward G. Robinson war ein zentraler Name der (Wieder-)Geburt des Gangsters in Hollywoods Tonfilm, denn in Mervyn LeRoys Der kleine Cäsar (USA 1931) porträtierte er Enrico Bandello, der darin unterm Namen “Little Caesar“ zur Blaupause für viele Mobster der US-amerikanischen Filmproduktion der 30er und 40er wurde. Mit Werken à la Lewis Seilers The Big Shot (USA 1942), Max Nossecks Jagd auf Dillinger (USA 1945) oder Jules Dassins Zelle R 17 (USA 1947) setzte man die Tradition im Kontext des Film Noirs fort. Für John Hustons Gangster in Key Largo / Hafen des Lasters (USA 1948) und Raoul Walshs Sprung in den Tod / Maschinenpistolen (USA 1949) kehrten sowohl Edward G. Robinson als auch James Cagney in die Rolle des ruchlosen Gangsters zurück und zwar mit Erfolg. Kaum jemand allerdings war jemals so ruchlos wie Vincent Canelli in Hugo Fregoneses Schwarzer Freitag, der in Anlehnung an “Little Caesar“ den Spitznamen “King Canelli“ führt. Ein 60-jähriger Edward G. Robinson zeigt sich in diesem Film Noir mit einer Energie und mit einer gereiften Schauspielkunst, dass es eine wahre Freude ist. Wie schon andernorts für ihn typisch dominiert Robinson ein großteils hervorragendes Ensemble, darin u.a. Jean Parker, Milburn Stone und Vic Perrin zu glänzen wissen.
![]() | ![]() | ![]() |
© United Artists Corporation
“Directed by Hugo Fregonese, written by The Big Heat scribe Sydney Boehm, and photographed by A-Lister Stanley Cortez, Black Tuesday (…) never compromises its dog-eat-dog worldview”, schreibt Mark Fertig in seiner Rezension des Werks für Where Danger Lives und trifft den Nagel auf den Kopf. Fünf Jahre zuvor hatte der Argentinier Hugo Fregonese den Film Noir Dämon Geld (ARG 1949) gedreht, darin der Bankangestellte José Moran (Jorge Salcedo) seine Bank um eine gewaltige Summe betrügt, die Beute versteckt und für sechs Jahre ins Gefängnis wandert. Niemand weiß, wo das Geld ist, aber alle wüssten es gern. So ergeht es in Schwarzer Freitag Peter Manning, den Vincent Canelli bei seinem Ausbruch aus dem Gefängnis – 25 Minuten dauert es, bis der stattfindet – gleichfalls befreit, um an dessen 200.000 US-Dollar zu kommen, deren Versteck nur ihm bekannt ist. Nach Vorladung des leidenschaftlichen Anti-Faschisten Edward G. Robinson vor das House Committee on Un-American Activities (HCUA) im Jahr 1950, welches in der McCarthy-Ära für die Hexenjagd auf vermeintliche Kommunisten (de facto auf Regimekritiker) zuständig war, hatte der Weltstar Schwierigkeiten weiterhin in A-Produktionen unterzukommen. An seiner Leidenschaft für das Schauspiel änderte es nichts. Dank ihm gehört Schwarzer Freitag zu den besten US-amerikanischen Film Noirs der ersten Hälfte der 50er Jahre. Empfehlenswert!
In einer für Kino Lorber (USA) bild- und tontechnisch typisch hochwertigen 2K-Restauration ist Schwazer Freitag unterm Originaltitel Black Tuesday – warum der Wochentag Mitte der 50er nicht korrekt übersetzt wurde, bleibt ein Rätsel, denn mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 hat der Film nichts am Hut - Teil der 3-BD-Box Film Noir: The Dark Side Of Cinema XVII (2024). Hier gibt es ihn ungekürzt im Originalformat mit original englischem Ton inklusive optional englischer Untertitel und Audiokommentar von Gari Gerani. Die anderen Werke in der Box sind ebenfalls solche mit Edward G. Robinson – Arnold Lavens Sittenpolizei / Polizeichef B (USA 1953) samt Audiokommentar ebenfalls von Gari Gerani, sowie Maxwell Shanes Im Dunkel der Nacht (USA 1956), für den ein Audiokommentar von Jason Ney beigefügt ist.