Roy Scheider, Ann-Margret, Vanity, John Glover, Robert Trebor
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© Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.
Los Angeles, Kalifornien: Der in der Stahlindustrie erfolgreiche Unternehmer Harry Mitchell (Roy Scheider) schwimmt frühmorgens im Swimming-Pool seiner Villa, indessen ihm seine Ehefrau Barbara (Ann-Margret) dabei zusieht. Letztere ist in der Lokalpolitik tätig und unterstützt die Kampagne von Mark Aveson (Doug McClure), der sich anschickt der nächste Staatsanwalt im County Los Angeles zu werden. Kurz darauf startet Mitchell in der Garage seinen 1965er Jaguar XK-E, ein Liebhaberstück von einem Sportwagen, nachdem er zuvor dessen Hardtop mit einer eigens dafür gefertigten Konstruktion an die Garagendecke emporzog. fährt in Richtung seiner Firmenzentrale. Kurz darauf steigt Barbara in ihren 1986er Ford Mustang Cabriolet und rauscht ebenfalls mit offenem Verdeck ins Büro. Harry führt der Weg in ein direkt an einer Eisenbahnlinie gelegenes Industriegebiet; Barbara arbeitet inmitten der sonnenüberstrahlten Wolkenkratzer. Bei ihrer Ankunft überrascht sie Aveson damit, dass er ein Plakat mit ihrem Konterfei entwerfen ließ, darauf sie sich zur Wahl als Stadträtin stellt. Sie ist überwältigt, kann sich aber nicht sofort entscheiden und bittet sich Bedenkzeit aus. Kaum hat er sein Büro betreten, muss Harry seine Frau zurückrufen, doch als er sich wegen allerlei Abendterminen entschuldigt, informiert sie ihn nicht über ihr Angebot. Es ist noch immer Vormittag und Harry Mitchell ist auf dem Weg zum Apartment seiner Geliebten Cini (Kelly Preston), wo ihn diesmal allerdings eine böse Überraschung erwartet…
“When a man pulls shit on me he is either very brave or very stoned. Which are you?“ Ann-Margret und Roy Scheider waren schon in den 70ern gemeinsam in einem Neo Noir aufgetreten, in Jacques Derays gleichermaßen unterschätztem Brutale Schatten (FRA/ITA/USA 1972), darin auch Angie Dickinson und Jean-Louis Trintignant mitgewirkt hatten. John Frankenheimer hatte sich in den 60er Jahren mit Werken à la Botschafter der Angst (USA 1962) und mit dem kompromisslosen Der Mann, der zweimal lebte (USA 1966) unter Cineasten einen Ruf erworben. Mitte der 80er hatte er seine beste Zeit jedoch hinter sich. Niemand sonst als Roger Ebert lobte 52 Pick-Up, seine Adaption von Elmore Leonards gleichnamigen Kriminalromans (EA 1974) von, bei dessen Premiere als John Frankenheimers besten Film seit langem, aber leider nützte das nichts. Der hochkarätige Neo Noir floppte an der Kinokasse, wurde vom Publikum ignoriert und längst nicht von allen Kritikern geschätzt. Das erscheint aus heutiger Sicht kaum nachvollziehbar. Obgleich der Film mit Blick auf die Zeit seiner Entstehung in der ersten Hälfte stets wie ein Werk der 70er erscheint, lassen Drehbuch und Regie in Sachen Dramaturgie nichts zu wünschen übrig. Romanautor Elmore Leonard wirkte am Skript persönlich mit, und John Frankenheimer hatte mit Jost Vacano (Das Boot, GER/FRA/UK/ITA 1981) nicht nur einen Kameramann, der das Los Angeles der 80er Jahre in grandiose Bilder fasste, ihm stand darüber hinaus ein fantastisches Ensemble zur Verfügung. Nur selten erschien mir eine Besetzung so präzise und vorteilhaft zusammengestellt, wie es hier der Fall ist. 1986 gehörten Scheider und Ann-Margret zur Riege namhafter Darsteller in und aus Hollywood, aber es ist das Ensemble im Ganzen, das wunderbar aufspielt, so dass der Film auch von Robert Trevor, Clarence Williams III und John Glover profitiert.
Letztere bilden ein Trio aus schmierigen Kleinganoven, die ihren Lebensunterhalt mit Zuhälterei, Pornofilmen und Peepshows verdienen. Als Alan Raimy (John Glover) dank der bei Leo Franks (Robert Trevor) angestellten 22-jährigen Cini davon Wind bekommt, dass sie ein Verhältnis mit Harry Mitchell unterhält, nutzen sie solches, um einige Videomitschnitte anzufertigen, die das belegen. Dann versuchen sie den Industriellen zu erpressen und verlangen für die Videokassette 105.000 US-Dollar von ihm. Doch Mitchell beichtet den Seitensprung seiner Ehefrau, die er stets innigst liebt und lässt die Ganoven auflaufen. Die geben sich damit nicht zufrieden und ergreifen ihrerseits drastische Mittel, um Harry Mitchell unter Mordverdacht zu bringen und ihn so endlich in die Knie zu zwingen. Allerdings unterschätzen sie ihren Kontrahenten, der seinerseits beginnt die drei Gangster gegeneinander auszuspielen. Der Neo Noir 52 Pick-Up erinnert mitunter an André De Toths Pitfall (USA 1948) und an J. Lee Thompsons Ein Köder für die Bestie (USA 1962), zumal vor allem John Glover einen wahrhaft diabolischen Unhold spielen darf. Im Großen und Ganzen ist das Werk jedoch von Leonards Erzählung gekennzeichnet, die an Spannung und auch an Charakterzeichnung wenig zu wünschen übriglässt. Wer davon ausgeht, dass die 80er für den Neo Noir nicht die beste Zeit waren, liegt richtig. John Frankenheimers 52 Pick-Up ist in diesem Segment aber eine unbedingt empfehlenswerte Ausnahme.
Als Lizenz der Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc. gibt es diese Produktion von The Cannon Group als eine wunderbare deutsche BD-plus-DVD-Edition der OFDB Filmworks und der Koch Media GmbH GmbH mit jeweils einer fein editierten BD (1080 p) und DVD (2018), also mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch einwandfrei, dazu die original englische Tonspur und die deutsche Kinosynchronisation sowie optional Untertitel auf Deutsch. Als Extras sind ein Audiokommentar, das Feature The Directors: John Frankenheimer - Dokumentation über den Regisseur, die isolierte Musiktonspur plus Interview mit Filmkomponist Gary Chang, ein Making of, der original Kinotrailer plus TV-Spot, eine Bildergalerie sowie ein Booklet mit Fotos und Produktionsnotizen beinhaltet. Ein Mediabook (2019) der OFDB Filmworks ist ebenfalls gut gestaltet, bietet für etwas mehr Geld im Grunde jedoch das gleiche wie die im Jahr zuvor erschienene und hier vorgestellte Edition.