Chester Morris, Ralph Bellamy, Ann Dvorak, Joan Perry, Melville Cooper
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© Columbia Pictures Corporation
An der Universität von Kalifornien in Los Angeles ist Dr. Anthony Shelby (Ralph Bellamy) ein Professor der Psychologie, der heute vor Studenten eine Vorlesung hält, darin er die oft kaum wahrnehmbare Linie zwischen Normalität und einer abnormen Verfassung der menschlichen Psyche erläutert. Nachdem er seine Ideen mit launigen Beispielen, die auf interkulturellen Differenzen fußen, beendete, ist nur sein Assistent Fred Landis (Stanley Brown) noch im Raum, der nach Jahren der Ausbildung bei Dr. Shelby an einer anderen Universität eine feste Stelle an antreten wird. Aber Fred wirkt unglücklich. Ihm fällt der Abschied schwer, obgleich Shelby ihn deutlich ermahnt, diese Chance als Startpunkt einer eigenen Karriere zu begreifen. Er bittet ihn zu sich ins Büro, wo auch Mrs. Doris Shelby (Rose Stradner) und ihr Sohn Davy (Scotty Beckett) zugegen sind. Sie erinnert den jungen Mann daran, sich heute Abend bei Ihnen Zuhause persönlich zu verabschieden, so dass er und Davy noch ein Stück in Alice In Wonderland vorankommen, dass der Junge vorgelesen bekommt. Davy geht mit Fred zu Shelbys Auto, und Doris erwähnt gegenüber Anthony, dass sie am Abend weitere Gäste erwarten – Linda (Joan Perry) und George Curtis (Melville Cooper), zudem Lindas Schatten Dick Holbrook (John Eldredge), was Doris nicht sonderlich passt. Davy findet auf dem Beifahrersitz von Shelbys Autos eine Extraausgabe von The Star Dispatch, die den Ausbruch des Gangsters Hal Wilson (Chester Morris) aus dem Gefängnis vermeldet…
“Lucien Ballard’s cinematography contributes significantly to the film-noir mood. Blind Alley is notable as a pioneer of both psychoanalysis films and home invasion films”, schreibt Derek Winnert in seiner Besprechung des Werks, das der Ära des Film Noirs vorausging und in Richtung der frühen 40er weist. Bemerkenswert ist die Kaltblütigkeit des Gangsters Hal Wilson, der unbewaffnete Geiseln einfach erschießt, was im Übrigen sowohl bei seinen Mitstreitern Buck (Marc Lawrence) und Nick (Milburne Stone) als auch bei seiner Freundin Mary (Ann Dvorak) kaum ein Achselzucken hervorruft. Laut dem “Production Code“ der Zensurbehörde durfte 1939 derlei nur noch im Off stattfinden, so dass wir Zuschauer lediglich den Schuss und den Körper fallen hören, aber weder die Waffe in der Hand des Mörders noch das Opfer sehen. Das wirkt schlicht bizarr, ist aber nicht der Regie Charles Vidors geschuldet. Ralph Bellamy und Chester Morris sind exzellent, Ann Dvorak ist es ebenso. Aber die männlichen Hauptrollen sind in der Verfilmung von James Warwicks gleichnamigem Theaterstück (EA 1935) stark überzeichnet. Shelby ist der stets gemütsruhige, souveräne und weltweise Psychoanalytiker und Wilson der von seinen Dämonen an die Grenze des Irrsinns gepeitschte Psychopath: der eine der US-amerikanische Musterbürger mit den Merkmalen eines Helden, der andere die Inkarnation des seelenlosen Bösen. So sieht das geneigte Publikum hier ein Werk, das handwerklich rundum gelungen ist und alle für die Filmproduktion im Hollywood der späten 30er typischen, hohen Standards routiniert abrufen kann, zuletzt jedoch klischeebefrachtet und unglaubwürdig daherkommt. Die Gangster entlarven sich immerzu selbst, indem sie inkonsequent agieren. Die Bürgerlichen wachsen über sich hinaus und beweisen Zivilcourage – Ende gut, alles gut. Genau das stellte der Film Noir ab 1941 infrage, und genau das macht seine Qualitäten aus, die ihm später trotz der McCarthy-Ära nie ganz abhandenkam.
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© Columbia Pictures Corporation
“He wants to make a deal. He thinks his life is worth money.” – “What did he offer? Two bucks?” Einige der Dialoge sind pfiffig und pointiert. Andere jedoch, sobald die Psychoanalyse als Treiber der Verunsicherung ins Spiel kommt, mittels derer Shelby seinen Widersacher Wilson, der seine Familie und die Gäste des Hauses als Geiseln hält, zu manipulieren und dessen Scheitern zu provozieren sucht, klingen hölzern und konstruiert. Der Film wurde unter dem Titel The Dark Past (USA 1948) von Rudolph Maté neuverfilmt. Aber auch das Remake mit William Holden und Lee J. Cobb in den Rollen von Morris und Bellamy und mit Adele Jergens und Nina Foch als deren Frauen war um keinen Deut besser. Zu dem Zeitpunkt wurden die “home invasion films“, wie Winnert anmerkt, im Segment des Film Noirs zunehmend populärer: John Hustons Gangster in Key Largo / Hafen des Lasters (USA 1948) und Fergus McDonells Die Stimme des Gewissens (UK 1948) liegen den Verfilmungen von James Warwicks Theaterstück geradewegs benachbart. Kurz darauf folgten Henry Hathaways Western Noir Zwei in der Falle (USA 1951) und John Garfields letzter Film, nämlich John Berrys Steckbrief 7-73 (USA 1951), mit einem je ähnlichen Handlungsverlauf. Für den Film-Noir-Enthusiasten ist Blind Alley insofern von Interesse, demgegenüber er ebenso wenig wie Rudolph Matés Film Noir The Dark Past (USA 1948) ein Muss genannt werden kann.
In den USA gibt es von Sony Pictures Entertainment eine DVD-Edition (2011, Regionalcode 1) mit dem Film bild- und tontechnisch fein restauriert, ungekürzt und im Originalformat, das Ganze ohne Untertitel und ohne Extras. In Europa gibt es unter dem Titel Rejas humanas via Cinema International Media, S.I. eine spanische DVD-Ausgabe (2012), die den Film bildtechnisch in der gleichen Fassung bietet. Neben dem englischen Originalton gibt es eine spanische Synchronisation und optional spanische Untertitel, das Ganze aber ebenso ohne Bonusmaterial.