Liam Neeson, Guy Pearce, Taj Atwal, Harold Torres, Ray Fearon
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© Splendid Film GmbH
Guadalajara in Mexiko: Auftragsmörder Alex Lewis (Liam Neeson) fährt mit einem Kleinwagen und in der Kluft eines Krankenpflegers in die Parkgarage des städischen Hospitals. Er hängt sich eine Erkennungsmarke um den Hals, steigt aus und geht ins Treppenhaus, während ein Porsche 911 Carrera mit überhöhter Geschwindigkeit einfährt und ebenfalls parkt. In Gesellschaft seines Fahrers, der einen Blumenstrauß mintnimmt, steigt Luis Matan (Tudo Chirila) aus dem Wagen und begibt sich ebenfalls zum Ausgang. An der Rezeption demütigt Luis noch die Krankenschwester Claudia (Kalina Stancheva), bevor er zu seiner hier stationär eingewiesenen Mutter (Mariana Krumova) geht, vor deren Tür der Fahrer auf einer Bank Posten bezieht. Der Besucher bemerkt, dass im Krankenzimmer, welches die per Schlauch künstlich beatmetete Mutter allein bewohnt, ein Pfleger Handtücher in einen Schrank räumt. Er bittet ihn darum sie allein zu lassen und der Mann willigt ein, doch im nächsten Augenblick hat Luis Matan eine Drahtschlinge um den Hals und Alex Lewis bringt ihn kurzerhand um. Er platziert sein Opfer auf einer Liege, verstaut seine Utensilien in einem Platikbeutel und ist im Nu wieder in der Parkgarage. Für einen Moment wird er stutzig, ist doch der Autosdchlüssel nicht, wo er sein sollte, dann findet er ihn und fährt davon… In El Paso, Texas, empfängt der Zuhälter Papa Leon (Antonio Jaramillo) einen nervösen Kunden (Guy Pearce) im Jackett, dem er die eigene, 13-jährige Tochter Beatriz (Mia Sanchez) vermitteln will…
”Look, when you’re dealing with that kind of money, even if I had her handing the gun to Alex and paying him, she’d probably still win.” So informiert Staatsanwalt Andy Villalobos (Doug Rao) Police Detective Vincent Serra (Guy Pearce) über die Machtlosigkeit des US-amerikanischen Rechtssystems gegenüber der steinreichen Immobilienmaklerin Davana Sealman (Monica Bellucci), die vor keiner Intrige und keiner Skrupellosigkeit zurückschreckt, um ihre Machtfülle und ihren Sohn Randy (Josh Taylor) vor dem Zugriff der Justiz zu schützen. Dazu zählen selbstredend Auftragsmorde, auch solche an Minderjährigen. Dass die Herrschenden in den USA korrupt sind und mit der organisierten Kriminalität unter einer Decke stecken, galt schon in US-Filmen der 30er Jahre und in deren Buchvorlagen oder Drehbüchern als selbstverständlich. Die Filmproduktion in Hollywood machte nie einen Hehl daraus, wie im Innersten verdorben und verlogen die hemmungslos materialistische US-Gesellschaft in ihren Spitzen sei. Derlei fand sich im Film Noir der 40er wie in Edgar G. Ulmers Ohne Erbarmen (USA 1948) oder Max Ophüls‘ Caught (USA 1949) oder im explizit kritischen Neo Noir der 70er à la Arthur Penns Die heiße Spur (USA 1975) oder Charles S. Dublins Rasende Gewalt (USA 1976). Die Wirtschaftsmächtigen und ihre politische Elite sind so verfilzt wie amoralisch, war die Botschaft. Exakt so lautet sie auch in diesem Remake von Erik Van Looys Neo Noir Mörder ohne Erinnerung (BEL/NL 2003) nach dem Roman De zaak Alzheimer (EA 1985) des belgischen Autors Jef Geeraerts. Martin Campbells Memory ist eine Neuverfilmung, die sich sdem klassischen Erzählkino verpflichtet sieht und neben dem 69-jährigen Liam Neeson weitere Ältere in tragenden Rollen bringt – Ray Stevenson und Monica Belucci waren je 57 und Guy Pearce 54 Jahre alt. Zudem liebt das US-amerikanische Kino Remakes vom skandinavischen Nordic Noir oder aus den Benelux-Ländern. Christopher Nolans Insomnia - Schlaflos (USA/UK 2002) oder David Finchers Verblendung (SWE/USA 2008) sind exemplarisch, und Erik Van Looy, Regisseur von Mörder ohne Erinnerung, drehte mit Loft (BEL/USA 2014) das US-Remake seines sechs Jahre zuvor in Holland erschienenen Thrillers gleichen Namens.
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So ist Memory für mich mehr als ein Liam-Neeson-Vehikel mit reichlich Action, das so schnell wieder in Vergessenheit gerät, wie es ins Kino kam, ähneln sich Neesons Filme seit gut 15 Jahren doch zusehends. Zu seiner Verteidigung muss man anfügen, dass der Ire nie so herunterkam und in Verruf geriet wie etwa Bruce Willis, Nicolas Cage, John Travolta oder Jason Statham. Unterm Strich ist Memory, solcher Film über einen alternden Killer, der an Alzheimer leidet und mit der Entscheidung kein Kind zu töten seine Auftraggeber gegen sich aufbringt, kein Meisterstück. Aber mit erwähntem Subplot wurde er im Jahr nach der ersten US-Präsidentschaft Donald Trumps als US-Produktion mit einem fast durchweg nicht US-amerikanischen Ensemble realisiert, da Regisseur Martin Campbell Neuseeländer, Guy Pearce Australier, Monical Bellucci Italienerin, Ray Stevenson (wie Liam Neeson) Ire, Harold Torres Mexikaner, Tudor Chirila Bulgare und Taj Atwal, Natalie Anderson, Scot Williams, Lee Boardman und Ray Fearon Engländer sind. Ein Zufall? Wohl kaum. Ein Kritikpunkt bei Premiere lautete, dass Memory nicht explizit systemkritisch sei. Ich persönlich finde seine implizite Kritik extrem pointiert. Fazit: Ohne Selbstjustiz ist aufgrund der schwachen, anfälligen Legislative in den USA nie und nimmer Gerechtigkeit zu erwarten. Die Botschaft ist bitter und sie trifft. Fühlt sich da jemand an Entwicklungen während Donald Trumps zweiter Regentschaft in den USA erinnert…? Wer Erik Van Looys Mörder ohne Erinnerung (BEL/NL 2003) im Vergleich für den besseren Film hält, dem stimme ich zu. Gemessen am Standard heutiger Thriller aus Hollywood, floppte Martin Campbells Memory meiner Ansicht nach aber zu Unrecht und ist keineswegs so schlecht, wie viele US-Kritiker einen glauben lassen wollen. Für mich nur knapp unterhalb des vierten Sterns.
In Deutschland fand der Film, der im April 2022 international ins Kino kam, ebensowenig wie Neil Jordans Marlowe (IRL/ESP/FRA/USA 2022) mit Liam Neeson und Diane Kruger keinen Verleih und erschien als Memory- Sein letzter Auftrag erst am 30. September 2022 via Splendid Film GmbH auf BD, DVD sowie als limitiertes serialisiertes 4K UHD 2-Disc-Steelbook mit 24-seitigem Booklet - bild- und tontechnisch exzellent und mit dem original englischen Ton (unbedingt zu empfehlen) und einer deutschen Synchronisation ohne Untertitel. Als Extras finden sich einige Interviews und der original US-Kinotrailer.