Tote lebt, Der

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Johnny Eager
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1941
Darsteller

Robert Taylor, Lana Turner, Edward Arnold, Van Heflin, Robert Sterling

Regie
Mervyn LeRoy
Farbe
s/w
Laufzeit
107 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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© Verlag für Filmschriften Christian Unucka  © Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.
 
Johnny Eager (Robert Taylor) ist auf Bewährung aus der Haft entlassen, arbeitet als Taxifahrer und besucht im State Building Mr. Verne (Henry O’Neill), seinen Bewährungshelfer, zu dem ihn die betont kühle Chefsekretärin Miss Mines (Leona Maricle) persönlich geleitet. Verne ist angetan von den beflissenen Bemühungen des ex-Häftlings um ein bürgerliches Leben und erfreut sich daran, dass Eager bei seiner Kusine Peg (Connie Gilchrist) und deren Tochter Matilda (Robin Raymond) ein Heim gefunden hat. Als er den ex-Gangster verabschiedet, nehmen auch zwei im Vorzimmer wartende Studentinnen der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität, Miss Judy Sanford (Diana Lewis) und Miss Lisbeth Barth (Lana Turner), von Eager Notiz. Sie informieren sich bei Verne, der die beiden kennt, über die Grundlagen des Vertrauens zwischen ihm und den ehemaligen Verbrechern. Verne erläutert, dass er bei seinen Schützlingen mitunter unangekündigt auftaucht und prüft, ob deren Angaben zutreffen. Judy stellt fest, dass die ursprüngliche Anklageschrift Johnny Eager 38 verschiedene Vergehen zur Last legte… Indessen erkundigt sich der Streifenpolizist (Emory Parnell), der Johnny Eager vor dem Gebäude zu halten erlaubte, nach dessen Taxiwerbung für den Algonquin Park Dog Race Track, den der zwielichtige Marco (Charles Dingle) gern eröffnen würde. Eager erklärt, dass er dafür bezahlt würde, hofft aber auch, dass Marco dafür nie eine Lizenz erhalten möge. Sodann fährt er schnurstracks zu der im Bau befindlichen Hunderennbahn, steigt aus dem Taxi und geht durch die Büros von Marco Enterprises, als sei er dort Zuhause…
 
“The towns level explode on me every minute, I got four million things to think about, and you want to talk about love at four o’clock in the afternoon.” Robert Taylors Interpretation des skrupellosen Gangsters Johnny Eager, der in seinem Doppelspiel der Welt den biederen Taxifahrer vorspielt, indessen er mittels Hunderennen zu Reichtum zu gelangen hofft, zählt zu den Sternstunden des frühen Film Noirs in den USA. Wie in John Hustons Die Spur des Falken / Der Malteser Falke (USA 1941) nach Dashiell Hammett oder in Raoul Walshs Entscheidung in der Sierra (USA 1941) nach W.R. Burnett ist hier die Trennung zwischen Gut und Böse nicht länger strikt und nicht das länger das Maß aller Dinge. Schon bald lässt Staatsanwalt John Benson Farrell (Edward Arnold), der Johnny Eager einst hinter Gitter brachte, den Taxi fahrenden Mobster wissen, wie abgrundtief er ihn noch immer hasse und dass er bei Eagers fortgesetztem Kontakt mit seiner Tochter Lisbeth Barth noch nicht mal vor einem Mord zurückschrecke. Farrell ist der knallharte Karrierist seiner Zeit, dem selbst sein potentieller Schwiegersohn Jimmy Courtney (Robert Sterling) in einem couragierten Moment zu verstehen gibt, wie extrem unsympathisch er ihn, den über die Maßen selbstherrlichen Polterer Farrell, stets gefunden habe. Als Kontrahenten sind der Staatsanwalt und der Gangster aus dem gleichen Holz geschnitzt - ruchlos, arrogant, manipulativ. Im Kanon der Nebenfiguren ist nicht zuletzt Eagers rechte Hand und sein sprechendes Gewissen Jeff Hartnet (Van Heflin) die wohl faszinierendste Figur des Films. Der von seiner eigenen Willensschwäche und seinen Skrupeln in den Alkoholismus getriebene Hartnett versprüht geistvollen Sarkasmen in alle denkbaren Richtungen und lässt Eager wissen, in welchem Maß er dessen taktische Cleverness im Dienst des Materialismus zuletzt eben geringschätzt. Höchst bemerkenswert ist auch der Umstand, dass Heflins großartige Interpretation der Figur in deren Verhältnis zu Frauen und im Finale des Films eine latente Homosexualität vermuten lässt.
 
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© Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc.
 
Mervyn LeRoys Der Tote lebt hatte seine Premiere am 9. Dezember 1941 - zwei Tage nach dem japanischen Angriff auf den US-Marinestützpunkt Pearl Harbour und einen Tag nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg. Für die nächsten 3 ½ Jahre sollte sich die unterm Einfluss der weltwirtschaftlichen Rezession nach dem Schwarzen Freitag (Oktober 1929) und der in den Dreißigern entstehenden Literatur Dashiell Hammetts, James M. Cains, Raymond Chandlers, W.R. Burnetts oder Cornell Woolrichs noch verzögern. Viele Kräfte wirkten zusammen, dass der Film Noir nicht während des Krieges, sehr wohl aber direkt danach sein Publikum fand. Nochmals dunkler in ihrem Fatalismus und geradezu bis an die Grenze des Nihilismus getrieben, erschienen dann Filme wie Edgar G. Ulmers Detour (USA 1945), Orson Welles’ Die Spur des Fremden / Der Fremde (USA 1946) oder Roy William Neills Vergessene Stunde / Schwarzer Engel (USA 1946). Jene ersten Exempel des Film Noirs, zu denen neben den genannten Produktionen mit Humphrey Bogart auch Der Tote lebt oder I Wake Up Scraming / Hot Spot (USA 1941) zu rechnen sind, gerieten in Vergessenheit. Einst waren sie ihrer Zeit voraus, dann nicht mehr up to date. Aus heutiger Perspektive lässt sich gut erkennen, inwieweit fundamentale Errungenschaften des Film Noirs in ihnen schon angelegt waren.
 
In der Warner Archive Collection (USA) gibt es eine gut restaurierte Edition (2009) als DVD-R mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu die englische Tonspur ohne Untertitel und auch ohne Extras. Die diversen europäischen DVD-Editionen der letzten Jahre mögen ebenfalls hochwertig sein, liegen uns aber nicht vor.
 

Film Noir | 1941 | USA | Mervyn LeRoy | Edward Arnold | Henry O'Neill | Lou Lubin | Nestor Paiva | Paul Stewart | Robert Taylor | Van Heflin | Glenda Farrell | Lana Turner | Robin Raymond

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