Chris Hemsworth, Viola Davis, Tang Wei, Leehom Wang, Holt McCallany
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© Universal Pictures © Arrow Films
Durch eine Malware, die ein Hacker (Yorick van Wageningen) in das IT-System einzuschleusen vermag, fallen im Kernkraftwerk des Stadtteils Chai Wan in Hongkong, China, eines Nachts die Kühlsysteme aus. Es kommt zu einer verheerenden Explosion, bei der acht Menschen getötet und viele verletzt werden; das Kraftwerk selbst muss abgeschaltet werden. In Windeseile verbreitet sich die Nachricht von der Katastrophe rund um die Welt. Ein chinesischer Experte für innere Sicherheit, Chen Da Wai (Leehom Wang), bindet sich vor dem Spiegel die Krawatte, und zieht sich den Uniformrock glatt, bevor er sich seine Mütze schnappt. Vor dem Apartmentblock steigt er in einen Dienstwagen ein, der ihn über die Stonecutters Bridge zum Meeting mit seinen Vorgesetzten fährt… In seiner Zelle hört der in ein Buch vertiefte Häftling Nick Hathaway (Chris Memsworth) zeitgleich über Kopfhörer Musik. Um eine Razzia durchzuführen, tauchen in Schutzanzüge gekleidete Wachen im Zellengang auf. Auch Hathaway werden die Hände mit Handschellen auf den Rücken gekettet, bevor die Wachen in seine Behausung vordringen und rücksichtslos mit der Suche beginnen. Als er dagegen protestiert, wird er unsanft zu Boden gestoßen, man spritzt ihm Wasser ins Gesicht. Von mehreren Männern wird er an Armen und Beinen gepackt und abtransportiert. In seinem Büro konfrontiert der stellvertretende Gefängnisdirektor Jeffries (Danny Burstein) Hathaway damit, dass er Bankdaten gehackt und je 900 US-Dollar an Mithäftlinge überwiesen habe…
Er spielte in Star Trek (USA 2009), in Snow White And The Huntsman (USA 2012), in Ghostbusters (USA 2016), dem Remake, in Furiosa: A Mad Max Saga (USA 2024) und in neun Comic-Verfilmungen (plus Videos und Kurzfilmen) des Marvel-Universums als Odins Sohn und Gott des Donners namens Thor. Könnte jemand also weniger meine Art Schauspieler sein als Chris Hemsworth? Nein, im Grunde nicht. Denn all diese Werke interessieren mich… null. Dennoch gibt er als begnadeter IT-Hacker, ex-Häftling und Antiheld in Michael Manns Blackhat eine mehr als solide Vorstellung. Aber… halt! Kann der Verschwörungsthriller überhaupt zum Neo Noir mit seinen Wurzeln im klassischen Film Noir der 40er und 50er Jahre gerechnet werden? Ja und nein. Verschwörungen gab es auch im klassischen Film Noir. Nur waren sie vom Umfang her meist (noch) wenig wirksam: The Fallen Sparrow (USA 1943), Berüchtigt / Weißes Gift (USA 1946), The Argyle Secrets (USA 1948) oder Polizei greift ein / Lange Finger – Harte Fäuste (USA 1953) identifizierten dem Kontext ihrer Zeit gemäß entweder Nationalsozialisten oder Kommunisten (stets im Exil) als die Drahtzieher hinter solchen Ränkespielen. Was Manns Werk mit genannten Klassikern gemein hat, ist ein Antiheld, der fürs Establishment mit seinen Vorurteilen und skrupellosen Opportunisten in blütenreinen Westen die Kastanien aus dem Feuer holen muss. Genau ein solcher ist der von Hemsworth dargestellte Nick Hathaway, der dafür gemäß Film Noir und Neo Noir seine eigene Agenda zum Zug kommen lässt und zwar getreu auch eigener Vorstellung von Recht versus Gerechtigkeit. Trotz aller Widersprüche in urbanen Tiefen des Film Noirs der 40er und 50er Jahre, sehen wir Zuschauer erst seit etwa Jack Smights Ein Fall für Harper (USA 1966), wie der ehrenwerte, private Ermittler am Ende selbst für seine Entlohnung sorgt, was auch auf Nick Hathaway zutrifft: “I'm not fishing for sympathy here. I did the crime. I'm doing the time. Time isn't doing me.”
“Michael Mann is (…) an oddly ideal director for Blackhat, a solemn, grandiose, often ludicrous thriller”, schreibt Matt Zoller Seitz in einer der wenigen wohlmeinenden Kritiken für RogerEbert.com über den Film eines Regisseurs, der sich mit Der Einzelgänger (USA 1981) und Collateral (USA 2004) längst in den Katalog hochwertigen Neo Noirs eingeschrieben, aber auch verblüffend schwache Filme realisiert hatte. Als ein bildgewaltiger und vertrackter Old-School-Thriller erlitt Blackhat auf ganzer Linie Schiffbruch, war er doch dem Arthaus-Publikum mit Blick auf seine politischen und technischen Komponenten nicht authentisch genug, indessen er fürs 21. Jahrhundert zu wenig blutige Action bot. Dass ultrabrutaler, faschistoider Franchise-Schrott à la The Expendables (USA 2010 – 2023), The Equalizer (USA 2014 – 2023), John Wick (2014 – heute) oder The Accountant (USA 2016 u. 2025) von einem US-Publikum um Längen besser als ein Film à la Blackhat bewertet wird, ist nicht nur erstaunlich. Es ist traurig und bedenklich. Schauspielerisch überzeugen vor internationaler Kulisse – Hongkong, Los Angeles, Kuala Lumpur und Jakarta – vor allem die beiden Frauen im Ensemble, Viola Davis (Widows – Tödliche Witwen, UK/USA 2018) und Tang Wei (Decision To Leave, KOR 2022). Das Finale erweist sich, leider nicht untypisch für Michael Mann, als recht übertrieben (was die Fähigkeiten des Antihelden betrifft) und rundet dennoch, wie ich finde, einen zupackenden und grundsoliden Thriller, der auch (oder vielleicht gerade) 10 Jahre nach Premiere im Rekurs auf seine Themen zumindest bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließ. Empfehlenswert!
Es gibt je eine deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2015) der Universal Pictures Germany GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild- und tontechnisch erstklassig, dazu den englischen Originalton und je eine Kinosynchronisation auf Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Hindi, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Arabisch, Niederländisch, Dänisch, Finnisch, Hindi, Französisch, Italienisch, Isländisch, Norwegisch, Schwedisch, Portugiesisch. Obendrein werden drei dokumentarische Bonus-Features geboten: Die Cyber-Gefahr, Drehorte überall auf der Welt und Realität erschaffen. Eine als Limited Edition gekennzeichnete Blu-ray disc in 4K Ultra HD von Arrow Videos (2023), Großbritannien, ist deshalb erwähnenswert, weil sie auf einer zweiten Disc den Director’s Cut von Michael Mann anbietet, der sich durch eine andere Schnittfolge auszeichnet, in der Spieldauer aber fast gleich bleibt.