Blink

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Blink
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1993
Darsteller

Madeleine Stowe, Aidan Quinn, James Remar, Peter Friedman, Bruce A. Young

Regie
Michael Apted
Farbe
Farbe
Laufzeit
106 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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Chicago, Illinois: Einige Polizeibeamte der Mordkommission, darunter Detective John Hallstrom (Aidan Quinn), Thomas Ridgely (James Remar) und deren Vorgesetzter Lieutenant Mitchell (Bruce A. Young), verbringen ihren Samstagabend in einer Bar, wo heute die Folkrockband The Drovers auf der Bühne zu sehen ist. Die Herren haben bereits viele leere Bierflaschen auf ihrem Tisch, als sich John von der Violinistin der Band, Emma Brody (Madeleine Stowe), angetan zeigt. In ihrer Trunkenheit schließen die Beamten eine Wette ab, dass es Hallstrom nicht gelingen wird, ihr ein Lächeln abzuringen. Das lässt der sich nicht zweimal sagen und begibt sich auf die Tanzfläche vor der Bühne, wo er erst einige Tanzschritte und schließlich enthemmt einen Striptease aufführt. Als er nur in der Unterhose zu den Klängen der Musik posiert, wird er von der Menge angefeuert. Dabei bemerken weder er noch seine Kollegen, dass die unbeirrt ernst schauende Violinistin Emma Brody ihn nicht sieht, denn sie ist blind… Nach der Show gratuliert deren Managerin Candice (Laurie Metcalf) der Band zu ihrem Auftritt und erklärt Emma, dass sie offenbar einen Fan habe. Die hat von dem Trubel schon gehört und fährt mit ihrem Blindenhund Ralph in der U-Bahn nach Hause. Als sie dort auf dem Sofa sitzt, Tee trinkt und dem Fernseher zuhört, ruft trotz der späten Stunde der Augenarzt Dr. Ryan Pierce (Peter Friedman) sie an. Er erklärt ihr, dass man nach Jahren des Wartens endlich einen Spender für sie gefunden habe und er sie sofort operieren könne…

 

“I have no idea what beautiful is. Music is beautiful, but the things that I see, they just… they make my head hurt.” Der britische Regisseur Michael Apted began seine Karriere 1963 beim Fernsehen, bevor er mit Der aus der Hölle kam (UK 1977) einen der besten britischen Neo Noirs seiner Zeit vorlegte und ab 1980 mit Erfolg sowohl in seiner Heimat als auch in den USA arbeitete. Blink ist ein klassischer Thriller, der Madeleine Stowe (Fatale Begierde, USA/JPN 1992) in jener zentralen Rolle der jungen Violinistin Emma Brody mit viel Gespür für ihre Leinwandpräsenz und ihren Rollencharakter in Szene setzt. Drehbuchautorin ist Dana Stevens, Michael Apteds spätere Ehefrau, die nach einem Start als Schauspielerin mit ihrem Skript zu Blink debütierte und dem Film 17 Minuten einräumt, um die vor 20 Jahren durch einen Gewaltakt ihrer Mutter erblindete Emma Brody in die Gemeinschaft der Sehenden zurück zu holen. Erst dann dreht sich die Geschichte in Richtung eines Thrillers, der von Emmas besonderer, via Augenoperation nicht nur verbesserter sondern ins Chaos gestürzter Wahrnehmung durch ihre Sinnesorgane angetrieben wird. Dabei spielen auch Gerüche und akustische Eindrücke eine zentrale Rolle, demgegenüber das wiedergewonnene Augenlicht noch unzuverlässig ist und das Gesehene oft zeitverzögert in Emmas Bewusstsein Einzug hält. Das macht sie in einem Mordfall zu einer zwar wichtigen (weil einzigen) Augenzeugin, die zugleich unzuverlässig wirkt. Was hat sie wirklich gesehen? Was hat sie sich womöglich eingebildet? Wenn Emma Brody selbst zu solchen Fragen keine Auskunft geben kann, inwieweit sind ihre Aussagen überhaupt zutreffend? Das Beste ist, dass Dana Stevens ihre von der Gegenwart und der Erinnerung an die Vergangenheit gebeutelte Protagonistin nicht als fragiles, psychisch labiles Mauerblümchen skizziert, sondern Emma Brody ein robustes Selbstbewusstsein, eine mitunter fast derbe Sinnlichkeit und reichlich Schlagfertigkeit mit auf den Weg gibt.

 

“The love-hate friendship between Stowe and Quinn is one of the more authentic relationships I've seen in a genre movie. It feels right“, schreibt Roger Ebert, der diesen Thriller ebenfalls wertzuschätzen wusste. Auch ich fand erfrischend, in den Figuren keineswegs die typisch weichgespülten Hollywood-Charaktere wiederentdecken zu müssen. Sowohl Emma Brody als auch Detective John Hallstrom schlagen über die Stränge, lassen sich zu Notlügen und Gemeinheiten hinreißen, die es den Zuschauern erschweren, sie einfach von Anbeginn in ihr Herz zu schließen. Kameramann Dante Spinotti (L.A. Confidential, USA 1997) lässt einen bis zum Ende an Emmas Sicht auf die Welt um sie herum teilhaben. Das Auge der Kamera und diejenigen der Protagonistin wachsen zusammen, und auch das gibt dem Film eine spezielle Note. Leider ist der Thriller in Blink nicht so originell wie die Geschichte der Protagonistin selbst, und so fällt das letzte Drittel und damit das Finale nach meiner Einschätzung ab. Alles in allem bleibt Blink jedoch als ein Neo Noir der 90er in Erinnerung, der keiner Comicfiguren und anderer Stereotypen der Zeitgeistkultur bedarf, um sich an sein Publikum anzubiedern und auf Gedeih und Verderb innovativ zu wirken. In letzter Konsequenz ist es ganz und gar Madeleine Stowes Film, die sich hier als hochkarätige Darstellerin jener Zeit empfiehlt, welche aber nie die gebührende Wertschätzung erhielt und in der zweiten Hälfte der 90er wie Linda Fiorentino in Flops an der Kinokasse und in Fernsehproduktionen verschwand. Freunden des klassischen Film Noirs und des Neo Noir bietet Blink allerdings heute noch einen kurzweiligen Abend, soviel ist sicher.

 

Obwohl der Film im Mai 1994 auch in Deutschland im Kino lief, gibt es hierzulande bis heute keine BD- und/oder keine DVD-Edition des Werks. Neben der lange vergriffenen US-DVD (2003) von New Line Home Video existiert sowohl eine englische DVD-Ausgabe (2004) von Pathé UK als auch eine französische DVD (2012) von Metropolitan Film & Video. Letztere zeigt den Film ungekürzt und im Originalformat mit der original englischen Tonspur, bild- und tontechnisch einwandfrei, dazu gibt es optional die französische Kinosynchronisation und auch französische Untertitel, allerdings keinerlei Extras.

 


Neo Noir | 1993 | USA | Michael Apted | Dante Spinotti | Aidan Quinn | James Remar | Madeleine Stowe

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