Angelockt

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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Lured / Personal Column
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1947
Darsteller

George Sanders, Lucille Ball, Charles Coburn, Boris Karloff, Cedric Hardwicke

Regie
Douglas Sirk
Farbe
s/w
Laufzeit
98 min
Bildformat
Vollbild
 

 

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© United Artists Corporation
 
London: Ein Serienkiller, der es auf junge Frauen abgesehen hat, treibt seit Längerem sein Unwesen in der Stadt. Er spielt sogar mit Scotland Yard, wohin er Gedichte sendet, deren Metaphern das Mordopfer beschreiben und die Bluttat ankündigen. Inspektor Harley Temple (Charles Coburn) tappt im Dunkeln, als ein nächstes Gedicht auftaucht und kurz darauf die Clubtänzerin Lucy Barnard (Tanis Chandler) – ein dime-a-dance girl bzw. taxi dancer, die mit Besuchern eine Tanzlokals berufsmäßig tanzt - als vermisst gemeldet wird. Noch am Abend zuvor hatte sie ihrer Kollegin Sandra Carpenter (Lucille Ball) von einem Rendezvous berichtet, dass sie nun dazu bringe, mit dem Mann ihrer Träume ein neues Leben zu beginnen. Kennengelernt habe sie jenen über eine Kontaktanzeige, die sie in der Zeitung gelesen und auf die sie sich gemeldet habe. Als Sandra Carpenter gegenüber Inspektor Temple diese Aussage zu Protokoll gibt, sieht der eine Möglichkeit, des Mörders habhaft zu werden. Sandra Carpenter kam vor drei Monaten mit einer Revue aus New York und schlägt sich, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, als Amerikanerin mehr schlecht als recht in London durch. Immerhin hatte sie just ein Angebot für ein Vortanzen in einem der renommierten Nachclubs Robert Flemings (George Sanders). Doch jetzt unterbreitet ihr Inspektor Temple das Angebot, Scotland Yard als Lockvogel zu dienen und so lässt sie den Termin bei Fleming erst einmal aus. Stattdessen trifft sie sich mit Männern, die über eine Kontaktanzeige in der Zeitung nach einer jungen Frau Ausschau halten…
 
Trotz des Renommees von Douglas Sirk, einer wirklich stimmungsvollen Fotografie durch den Kameramann William H. Daniels (Zelle R 17, 1947) sowie einer Reihe namhafter Schauspieler/innen gibt es hier nicht viel, was bemerkenswert wäre. Im Ganzen drei Leute werden im Vorspann genannt, die an der dem Drehbuch zugrunde liegenden Erzählung gewerkelt haben sollen – und man fragt sich, ob sie das gleichzeitig miteinander oder nacheinander taten. Das ist umso erstaunlicher, als Angelockt im Wesentlichen ein Remake des (weltweit nicht erhältlichen) französischen Pre-Noir-Thrillers Mädchenhändler (FRA 1939) von Exil-Regisseur Robert Siodmak (Zeuge gesucht, 1944) ist. Das großteils klassische Katz-und-Maus-Spiel der Mördersuche beherrscht den ersten Teil des Films und bleibt doch unterhalb des Niveaus von Autoren wie Sir Arthur Conan Doyle oder Agatha Christie, an die nicht zuletzt die stimmungsvolle Kulisse von foggy old London hier erinnert. Obwohl der Film in der Gegenwart des Jahres 1947 angesiedelt ist, nutzt Sirk die geschichtsträchtige Stadt – allerdings komplett aus Studiokulissen in Hollywood bestehend - für gotisch angehauchte Bildermagie à la Jack the Ripper, die den Streifen allemal aufwertet. Doch ab Mitte des Films kommen Romantik und Melodrama zum Zug und die mühsam aufgebaute Charakterzeichnung einiger Figuren beginnt, unglaubwürdig und fadenscheinig zu wirken.
 
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© Studiocanal GmbH
 
Es gibt ein, zwei echte Film-Noir-Situationen, dahinein das Drehbuch seine beide Charaktere, Sandra Carpenter und Robert Fleming, zu verstricken weiß, die dann jedoch schnell daraus wieder befreit werden oder aber ihre bisherigen Charakterzüge einbüßen. Insofern enttäuscht Angelockt vor allem durch seine Unentschlossenheit mit Blick auf den Handlungsverlauf, wo zudem der talentierte Joseph Calleia (Im Zeichen des Bösen, USA 1958) als undurchsichtig grimmiger Gangster völlig verschenkt wird und auch der wunderbare Boris Karloff mit seiner brillant bizarren Einlage nicht wirklich zum Gang des Films beiträgt. Douglas Sirk bewies auch im darauffolgenden Jahr mit dem Film Noir Schlingen der Angst (USA 1948) keine glückliche Hand, der erneut durch enorm stimmungsvolle Szenen, tolle Kameraarbeit und interessante Charaktere auffallen sollte, doch die gleichen Schwächen wie Angelockt zeigte. Trotz einiger Ingredienzien eines Film Noirs in ihrer Rezeptur wird in beiden Fällen aus dem Ganzen einfach kein Schuh. Im Fall von Angelockt kommt noch eine Prise alberner Situationskomik hinzu, die mit ihren running gags zwischen Lucille Ball und George Zucco ins Fach der Kriminalkomödie umschlägt und das… nervt.
 
Sehr gute DVD-Ausgabe von Arthaus / Studiocanal, der die deutsche Erstausgabe der Fernsehausstrahlung von 1975 zugrunde liegt, weshalb der Vorspann nicht dem Original entspricht. Das ist schade, denn dort werden Titel und Namen (in bester Film-Noir-Manier) nachts von einem Scheinwerfer beleuchtet auf einer Hauswand sichtbar gemacht. Ansonsten: ungekürzt im Originalformat, englischer und deutscher Ton, wahlweise deutsche Untertitel, dazu ein Audiokommentar, der US-Kinotrailer, etc. als eine liebevoll editierte Sammlung von Extras.
 

Film Noir | 1947 | USA | Douglas Sirk | William H. Daniels | Alan Napier | George Sanders | Joseph Calleia | Lucille Ball

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