Loft – Tödliche Affären

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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Loft
Kategorie
Neo Noir
Land
BEL
Erscheinungsjahr
2008
Darsteller

Koen De Bouw, Filip Peeters, Bruno Vanden Broucke, Matthias Schoenaerts, Koen De Graeve

Regie
Erik Van Looy
Farbe
Farbe + s/w
Laufzeit
118 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© Atlas Film und Medien GmbH

Antwerpen in Belgien: In einer stürmischen und regnerischen Nacht fällt ein Körper von der Dachterrasse eines modernen Gebäudes auf das Dach eines parkenden Autos, indessen in dem spitzen Winkel des Geländers jener Terrasse ein zweiter Mann steht… Im Verhörraum der Polizei sitzt der erfolgreiche Architekt Vincent Stevens (Filip Peeters) und versucht die beiden leitenden Kriminalpolizisten der Mordkommission (Dirk Roofthooft, Sara de Roo) davon zu überzeugen, dass man sie habe reinlegen wollen. Die Beamten fragen, indem sie Stevens ein Foto zeigen, ob er sich etwa so wie die dort abgebildete Tote reingelegt fühle, doch jener wirkt nun verlegen und verneint und möchte wissen, ob man nicht auch schon seine Freunde in der Sache befrage. Die Polizisten bejahen das zwar, wollen aber von ihm nochmals genau wissen, was sich am heutigen Morgen zugetragen habe… Mit Papiertüten voller Einkäufe im Arm nähert sich Luc Seynaeve (Bruno Vanden Broucke) dem Gebäude, zu dessen Loft im obersten Stockwerk er einen Schlüssel besitzt. Er tritt in das mit Holzdielen ausgelegte, hübsch möblierte Einraum-Apartment und lässt vor Schreck seine Einkäufe fallen, als er eine nackte, mit Handschellen an ein Heitungsrohr gekettete und bäuchlings im Blut liegende Frauenleiche (Marie Vinck) auf dem Doppelbett entdeckt. Luc schlägt die behandschuhten Hände vors Gesicht. Auch das linke Handgelenk, darüber sich aus den aufgeschnittenen Pulsadern der Blutstrom übers Laken ergoss, steckt in Handschellen…

 

Autor und Regisseur Erik Van Looy hatte mit dem Neo Noir Mörder ohne Erinnerung (BEL/NL 2003) bereits einen cleveren Thriller gedreht, der Belgien als Filmland in den Fokus gerückt hatte und in dem ebenfalls die Schauspieler Koen De Bouw, Filip Peeters, Jan Decleir, Dirk Roofthooft und Gene Bervoets sowie Kameramann Danny Elsen mitgewirkt hatten. Mit Loft – Tödliche Affären serviert Looy seinen Zuschauern von Anbeginn einen optisch bestechenden und technisch polierten Film, dessen in strömendem Regen in neonglänzender Nacht aus aberwitzigen Perpektivben gefilmter Auftakt erstmal Verwirrung stiftet. Genau das ist auch die Absicht in diesem ganz klassischen Whodunit aus der Feder von Fernsehregisseur und -autor Bart De Pauw. Fünf Freunde in mittleren Jahren, beruflich erfolgreich, alle verheiratet, einige Familienväter, teilen sich für ihre jeweiligen amourösen Abenteuer ein Luxusapartment, zu dem es lediglich 5 Schlüssel gibt. Um einen weiteren anfertigen zu lassen, benötigte man einen Geheimcode, und auch eingebrochen wurde offensichtlich nicht, als sie dort eines Morgens um die Leiche der ermordeten Sarah Delporte herumstehen, das Bett von deren Blut getränkt. Wen die Prämisse von fünf Männern, die sich einen abgeschiedenen Ort teilen, an François Truffauts Die Braut trug Schwarz (FRA/ITA 1968) erinnert, einer Variante des gleichnamigen Romans (EA 1940) von Cornell Woolrich, liegt nicht falsch. Und ein Mord in einem von innen verschlossenen Raum ist so alt wie die Kriminalliteratur selbst: schon Sherock Holmes oder Hercule Poirot mussten anhand von derlei Fällen ihren Scharfsinn unter Beweis stellen. Und so tun Bart De Pauw und Erik Van Looy in den ersten 90 Minuten exakt, was bereits Alfred Hitchcock in Die rote Lola (UK 1950) und Anthony Asquith in The Woman in Question (UK 1950), der in der US-Fassung Five Angles On Murder hieß, par excellence betrieben haben, sie legen falsche Fährten. Alle haben Geheimnisse und jeder hätte ein Motiv, so erfahren wir, und es ist solche Verrätselung, aus der der Film seine Spannung zieht. In dieser Hinsicht beweist er Stärke und kann seine größte Schwäche damit nicht ausgleichen.

 

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© Atlas Film und Medien GmbH

Das Ensemble der Schauspielerinnen und Schauspieler agiert gut bis sehr gut, mit Koen De Bouw und Veerle Baetens als meinen Favoriten, die Rollencharaktere aber sind bis ins Mark klischeehaft. Solche Groß- und Bildungsbürger, die mehr als wohlhabend, aber nicht vollends reich und sorgenfrei sind, empfinden sich alle durch Berufspflichten und ihren Familienalltag wie in einen Kerker gesperrt. Als der letzte von ihnen seiner Braut das Ja-Wort gibt, wird genau das nochmals mit der Brechstange verdeutlicht, denn es ist seine Hochzeit, auf der Vincent Stevens die Schlüssel zur Kammer der Freuden der Jugend an seine Kumpanen im Alter zwischen 30 bis Mitte 40 austeilt. All diese Herren über seelenlose Designer-Apartments, einem guten Tropfen oder auch dem Kokain gern zugeneigt und in edlen Zwirn gewandet, verzehren sich danach, der Langeweile ihrer luxuriösen Lebensentwürfe zu entrinnen und mit einer jungen Geliebten erotische Höhen zu erklimmen. Weil die fünf nur das und so gut wie nichts sonst definiert, wirken sie als Ehemann oder als Architekt und erst recht als Psychotherapeut jeweils unglaubwürdig bis lachhaft. Der Film begreift sie einzig und allein von Seiten des Rätsels und er reduziert sie zu Funktionsträgern - zu Abziehbildern aus der Klischeeschublade. Loft – Tödliche Affären wurde in Belgien zum erfolgreichsten inländischen Kinofilm aller Zeiten. Erst drehte Antoinette Beumer mit Loft (NL 210) ein niederländisches Remake, dann war es Erik Van Looy selbst, der mit Mord im Loft (BEL/USA 2014) die Geschichte nach New Orleans, USA, verlegte und zwar mit Matthias Schoenaerts in seiner Rolle des Originals. Wie man das Rätsel eines Kriminalfalls und eine glaubwürdige Dramaturgie anhand ausgefeilter Rollencharaktere unter einen Hut bekommt, bewies indessen Oriol Paulo mit seinem haushoch überlegenen Neo Noir Der unsichtbare Gast (ESP 2016).

 

Erstklassige deutsche BD und DVD-Editionen (2016) der Atlas Film und Medien GmbH mit dem Film ungekürzt und im Originalformat, bild- und tontechnisch topp, dazu mit der original flämischen Tonspur und der deutschen Synchronisation, dankenswerterweise auch mit deutschen Untertiteln, allerdings ohne jegliche Extras.

 


Neo Noir | 2008 | International | Erik Van Looy | Filip Peeters | Jan Decleir | Koen De Bouw | Matthias Schoenaerts

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