schwarze Witwe, Die

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Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Black Widow
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1987
Darsteller

Theresa Russell, Debra Winger, Sami Frey, Dennis Hopper, Nicol Williamson

Regie
Bob Rafelson
Farbe
Farbe
Laufzeit
102 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 Die schwarze Witwe-Poster-web1b.jpg Die schwarze Witwe-Poster-web2.jpg Die schwarze Witwe-Poster-web4.jpg Die schwarze Witwe-Poster-web3.jpg

© Twentieth Century Fox Film Corporation

New York an einem Winterabend: Per Hubschauber landet Catharine Petersen (Theresa Russell), die junge Witwe des unerwartet verstorbenen Verlegers Sam Petersen und wird von ihrer Schwägerin Sara (Lois Smith) in Empfang genommen. Auf der Rückbank einer Limousine fahren sie zum luxuriösen Apartmenthaus, darin das Paar eine Suite bewohnte. Sara tröstet die hinter einer großen Sonnenbrille in Trauer befindliche Witwe und erklärt ihr, dass Sam überaus friedlich im Schlaf verstorben sei. Sie möchte gern mit hinaufkommen, doch Catharine weist sie an, erst einmal selbst zur Ruhe zu kommen. Oben angelangt, betrachtet sie versonnen die Fotografien auf Sams Schreibtisch, bevor sie eine Karaffe voller Whisky ins Badezimmer mitnimmt, dort im Waschbecken ausleert und den Inhalt mit Wasser hinunterspült. Sodann entledigt sich Catharine Petersen ihrer Pomps, wirft sich aufs Bett und lässt ihren Tränen freien Lauf… Alexandra Barnes (Debra Winger) ist Agentin einer in Washington ansässigen Gruppe für Sonderermittlungen im Department of Justice. Sie ist auf das Ableben von einigen Männern durch Atemstillstand aufmerksam geworden. Der Fall des sechzigjährigen Sam Petersen, der von seiner 4 Monate vorher geheirateten Frau beerbt wird, lässt sie endgültig misstrauisch werden. Die Ärzte diagnostizieren das seltene Undine-Syndrom als wahrscheinliche Ursache. Alex Barnes ist anderer Meinung, obgleich Bruce (Terry O’Quinn), ihr Vorgesetzter, einem Mordverdacht entschieden widerspricht…

 

Bob Rafelson war immerzu ein Freund des Film Noirs und hat vor allem in der zweiten Hälfte seines Schaffens als Autor und Regisseur fürs Fernsehen und fürs Kino so manchen Neo Noir gedreht, etwa Wenn der Postmann zweimal klingelt (USA/GER 1981), Blood And Wine – Ein tödlicher Cocktail (USA/UK 1996) oder No Good Deed (GER/USA 2002). Mit Die schwarze Witwe nach einem Drehbuch von Ronald Bass servierte er seinem Publikum einen in mehrfacher klassischen Film-Noir-Plot im (für die 80er Jahre) zeitgemäßen Gewand, darin für die Zuschauer ebenso wie für Alexandra Barnes die Grenzen zwischen Gut und Böse und die Zuordnungen ethischer Normen schleichend verwischen. Falsche Identitäten, unerwartete Liebe, fragwürdige Motive und abgründige Psychopatholgie, dazu ein schmieriger Privatdetektiv (James Hong), ein selbstgerechter und steinreicher Womanizer (Sami Frey), ein so glückloser wie einsamer Münzexperte (Nicol Williamson) – all das rundet ein bis in Details eindrückliches Panoptikum an Motiven und an Rollencharakteren. Oft bedarf es nur weniger Szenen, um uns eine der Figuren nahezubringen. So erscheint der hier an vierter Stelle genannte Dennis Hopper weniger als 5 Minuten im ganzen Film. Dennoch hinterlässt sein Spielzeughersteller Ben Dumers einen bleibenden Eindruck. Es ist offensichtlich, dass sowohl Bass als auch Rafelson mehr an ihren Figuren Interesse haben und deren Charaktere ausloten, als dass sie den Kriminalfall des Films in den Vordergrund rücken wollen. Solches gelingt auch, allerdings hätte ich mir im letzten Drittel ein wenig mehr Spannung gewünscht. Hier wird der Film bereits vor seinem (allemal sorgfältig konstruierten) Finale ein wenig vorhersehbar.

 

Debra Winger war schon in jenen 80er Jahren eine fantastische Schauspielerin, die u.a. auch an James Bridges‘ vergessenem Meisterwerk von einem Neo Noir, an Mike’s Murder (USA 1984) beteiligt war. In Bob Rafelsons Die schwarze Witwe bringt sie die Facetten ihres Charakters nuanciert und voll zur Geltung. Ihrer Darstellung zu folgen, ist für den Cineasten ein Hochgenuss. Überhaupt ist die Besetzung brillant. Auch Sami Frey und Theresa Russell sind durch die Bank glaubwürdig; noch bis in Nebenrollen hinein zeigt die Produktion ein Händchen fürs Ensemble. Obwohl der Film seinerzeit an den Kinokassen halbwegs erfolgreich war, erwies er sich für die Beteiligten als mehr oder minder folgenlos. Debra Winger trat in Costa-Gavras Neo Noir Verraten (USA1988) in einer ähnlichen Rolle auf. Theresa Russell drehte Die Anwältin (USA 1989) und Impulse – Von gefährlichen Gefühlen getrieben (USA 1990). In all diesen Fällen blieb der Erfolg jedoch aus. Ab den frühen 90er Jahren verschwanden die beiden Darstellerinnen dann zunehmend von den obersten Plätzen der Besetzungslisten. Bob Rafelson lief mit Blood And Wine – Ein tödlicher Cocktail (USA/UK 1996) nochmals zu Hochform auf. Heute ist allerdings auch dieser Neo Noir ein Geheimtipp. Die schwarze Witwe sei Freunden des Film Noirs und des Neo Noirs allemal empfohlen, denn es ist ein Film weit jenseits der 08/15-Thriller neueren Datums.

 

Eine sehr gute deutsche DVD-Edition (2004) der 20th Century Fox Film Corporation und via England auch via Optimum Releasing (2004) bringt den Film bild- und tontechnisch einwandfrei, bei der erstgenannten mit deutscher, englischer, italienischer, spanischer und französischer Tonspur inklusive optionalen Untertiteln auf Deutsch, Italienisch, Französisch, Spanisch, Niederländisch, Schwedisch, Finnisch, Dänisch, Norwegisch, Türkisch, Griechisch und Englisch, doch sind alle Ausgaben ohne jegliche Extras. Erst die englische BD (2016) von Signal One Entertainment, einzig mit dem englischen Originalton und englischen Untertiteln, bringt hier in beträchtlichem Umfang eine Besserung: The Predator and Her Prey (2016, 27 Minuten) ist ein Interview mit dem Autoren Ronald Bass, Bright Colours, Deep Blacks (2016, 29 Minuten) ist ein Feature mit dem Kameramann Conrad W. Hall, seinerzeit Assistent seines legendären Vaters Conrad L. Hall, dazu gibt es einen Audiokommentar von Julie Kirgo and Nick Redman, eine Bildergalerie mit Aushangfotos und Plakatkunst sowie gleich mehrere Kino- und TV-Trailer. Rundum empfehlenswert!

 


Neo Noir | 1987 | USA | Bob Rafelson | Conrad L. Hall | Dennis Hopper | James Hong | Sami Frey | Debra Winger | Diane Ladd | Lois Smith | Theresa Russell

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