Jeff Fahey, Chad Lowe, Sherilyn Fenn, James Tolkan, Ken Foree
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Der Stadtteil Brooklyn in New York: Teenager Raymond Trueblood (Jeff Fahey) steht am Fenster und lauscht einem Güterzug, der durch die Dunkelheit rollt. Sein achtjähriger Bruder Donny (Rhett Creighton) fragt vom Bett aus, ob auch er den Zug gehört habe und wohin er fahre. Raymond setzt sich auf die Bettkante und erklärt, dass er vielleicht in Richtung Westen unterwegs sei und bis nach Wyoming fahre. Dort gäbe es Flüsse, Seen und Berge, und eines Tages würden sie dort hingehen. Nachdem er ihm eine gute Nacht wünschte, tritt Ray in den Korridor und sieht seinen Vater (Frank Fahey) im Wohnzimmer mit einem Glas Whiskey zur Hand vor dem Fernseher sitzen. Er öffnet die Wohnungstür und verschwindet in die Nacht… In den Schächten unterhalb einer U-Bahn-Trasse trifft er auf vier Mitglieder seiner Gang. Einer von ihnen ist Cee Jay (Eavenly Shin). Er bekam vom Rivalen Billy Masters (Billy Drago) mit dem Messer seine linke Wange aufgeschlitzt, obwohl er nicht in dessen Revier unterwegs war. Ray Truebloods Bande trifft in der Unterführung auf Billy Masters Gang, und die beiden Anführer duellieren sich – Ray mit bloßen Händen, Billy mit dem Messer. Dem trainierten Raymond gelingt es, Billy Masters mit dessen eigenem Messer gleichfalls eine Schnittwunde übers Gesicht zu ziehen, als aus dem Nichts ein Polizeiwagen auftaucht, und der Police Detective Joseph Hanley (James Tolkan) mit seinem Kollegen Police Detective Tony Williams (Brodie Greer) die Verfolgung der flüchtigen Halbstarken aufnimmt…
“The beginning of this is (…) launching into true noir expressionism as a leather-clad Jeff Fahey (…) spinning roundhouse kicks at a rival gang member's head”, schreibt nomenclature für Letterboxd, und ich stimme ihm zu. Nachdem Billy Masters einen Polizeibeamten per Kopfschuss tötete und Raymond Trueblood mit dessen Waffe in der Hand erwischt wurde, muss der junge Gangleader New York schleunigst verlassen. Nach 10 Jahren als Soldat beim United States Marine Corps kehrt er in seine Heimatstadt zurück und trifft seinen ehemaligen Kumpel Bobby Gaines (Everett Mendes), der ihn darüber ins Bild setzt, dass er stets wegen Mordes gesucht werde und dass sein Bruder Donny (Chad Lowe) auf der Straße lebe und ein Mitglied der Gang von Billy Masters sei… Der Heimkehrer und dessen Entfremdung von Familie und der eigenen Herkunft in einer Großstadt sowie die soziale Kälte der US-Gesellschaft, dazu aller Kampf ums Überleben in einer Klassengesellschaft, welche ihre unteren Ränge als Abschaum ansieht: Das sind Topoi des US-amerikanischen Film Noirs mit Wurzeln in den 30er und 40er Jahren. Frank Kerrs True Blood / Edge Of Darkness weist im Handlungsverlauf Elemente auf, die mich Joseph L. Mankiewicz‘ Somewhere In The Night (USA 1946), Nicholas Rays They Live By Night (USA 1948), an Fred Zinnemanns Act Of Violence (USA 1948) und an Don Siegels Entfesselte Jugend (USA 1956) erinnern. Zugleich ist das eine typische B-Produktion der 80er samt ihren 08/15-Klischees, – Verfolgungsjagden per Auto, leerstehende Fabrikhallen voller Schlägertypen in Lederjacken, etc. – und der Antiheld prügelt sich Schritt für Schritt bis ins Finale durch. Kerrs Drehbuch legt dezidiert einen Schwerpunkt aufs Familiendrama und damit auf seine Rollencharaktere. Doch wird genau solche Thematik weder sensibel noch subtil aufgearbeitet. Stattdessen zeigt vor allem Chad Lowe ein hohes Maß an Over-Acting und schreit und grimassiert, was das Zeug hält. Hier wäre weniger eindeutig mehr gewesen.
“You like poetry? Who’s your favourite?“ – “Emerson… Who is yours? Dr.Seuss?“ Jeff Fahey und Billy Drago, keinesfalls untalentiert, fristeten ähnlich wie Eric Roberts oder Lance Henriksen über Jahrzehnte hinweg ein Leben in B-Produktionen, Independent-Filmen und TV-Serien. Sherilyn Fenn, die in der 32. Minute überhaupt erstmals zu sehen ist, erwarb sich mit ihrer Rolle in Mark Frosts und David Lynchs TV-Serie Das Geheimnis von Twin Peaks (USA 1989-1991) künstlerisch Anerkennung und ihren Durchbruch. Dennoch kam sie in den 90er Jahren nie wirklich groß heraus. Definitiv schrecklich ist die musikalische Begleitung von Scott Roewe, der uns jene Mischung aus Synthie-Pop und Mainstreamrock samt Syndrums serviert, wie sie für das Segment der B-Action in jenen 80er Jahren typisch war. Auch dramaturgisch herrscht eine gewisse Trägheit vor, so dass am Ende nichts und niemand heraussticht oder in Erinnerung bleibt. Fazit: Ein mit Akzenten des Neo Noirs durchsetzter Thriller, der kein Ärgernis darstellt, aber auch in keiner Hinsicht viel zu bieten hat.
Der Film wurde in den USA zwischen 2001 und 2010 unter dem Titel True Blood von unterschiedlichen Filmvertrieben mit stets grauenhafter Cover-Gestaltung als DVD-Edition angeboten, ungekürzt und im Vollbildformat (ob es das Originalformat ist, lässt sich nicht feststellen) mit dem englischen Ton ohne Untertitel und in einer bild- und tontechnisch jeweils mittelprächtigen Qualität.