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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
***
Originaltitel
Fear No More
Kategorie
Post Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1961
Darsteller

Jacques Bergerac, Mala Powers, John Harding, Helena Nash, John Baer

Regie
Bernard Wiesen
Farbe
s/w
Laufzeit
78 min
Bildformat
Vollbild

 


 

 

Los Angeles, Kalifornien: Die Sekretärin Sharon Carlin (Mala Powers) ist seit sechs Monaten beim Archäologen Milo Seymour (Kohn Harding) beschäftigt und wird am heutigen Abend von dessen Chauffeur Steve Cresca (Peter Brocco) an der Union Station zu ihrem Nachtzug begleitet. Die Reise führt sie nach San Francisco, wo sie um 8 Uhr 30 am Morgen eintreffen wird und um 12:00 Uhr mittags einen Briefumschlag im Fairmont Hotel abgeben soll. Nachdem Cresca ihr alles ausgehändigt und den Koffer übergeben hat, hat er es eilig und möchte möglichst schnell wieder fort, und auch Miss Carlin will ihn nicht aufhalten. In letzter Sekunde zückt er einen weiteren Briefumschlag und sagt, dass er beinahe vergessen habe, dass Mrs. Seymour in Chinatown einen Kimono für sich bestellt habe. Auf dem Umschlag hier sei die Adresse vermerkt; das Stück sei bereits bezahlt. Miss Carlin möge ihn doch bitte abholen. Die Sekretärin ist überrascht, aber auch Steve Cresca kann ihr nichts genaueres sagen und verabschiedet sich. Just als die Frau in den Zug einsteigen will und Cresca noch nicht mal die Treppe erreicht hat, kommt plötzlich hr ex-Freund Keith Burgess (John Baer) angelaufen. Zuerst freut sich Sharon. Sie hat ihn im laufenden Monat noch nicht gesehen, doch dann merkt sie, dass er wieder betrunken ist. Er gibt außerdem zu, dass er für die Nacht erneut kein Dach überm Kopf und keinen Cent in der Tasche habe. Sharon lässt sich erweichen und gibt Keith fast all ihr Bargeld und überlässt ihm für die Nacht ihr Apartment…

 

“This is a movie where the character who gets sucked into the noir nightmare world is a woman”, stellt dfordoom in einer Besprechung des Films für seinen Blog Classic Movie Ramblings nüchtern fest. Solche Frau ist Sharon Carlin, die mit Betreten ihre Schlafabteils 4b im Nachtzug nach San Francisco darin einen Mann (Peter Virgo jr.) vorfindet, der sie mit einer schallgedämpften Pistole bedroht und sie damit bewusstos schlägt. Zuvor hat er sich Milo Seymours Papiere, die ihr Cresca gegeben hatte, alle aushändigen lassen. Als sie durch den Polizeibeamten Joe Brady (Robert Karnes) geweckt wird, teilt sie das Abteil mit einer Toten (Helena Nash), von der Brady behauptet, dass sie solche Frau ermordet habe. Sharon Carlin ist schockiert und weiß nicht, wie ihr geschieht. Als der Zug in der Kleinstadt Whitford einen Stopp einlegt, gelingt es ihr Brady zu entkommen, allerdings verliert sie dabei ihre Handtasche… Der einzige Spielfilm von TV-Regisseur Bernard Wiesen nach einem Roman (EA 1946) und einem Drehbuch von Leslie Edgley gehört in die Kategorie jener Film Noirs, bei denen nichts ist, was und wie es zu sein scheint. Manche Rezensenten vergleichen die Filmhandlung mit Werken Alfred Hitchcocks, der als ein Meister der Täuschung des Publikums seine Protagonisten häufig durch eine aus den Fugen geratene Wirklichkeit hetzt, etwa in 39 Stufen (UK 1935). Aber auch Werke aus der klassischen Ära des Film Noirs kommen einem in den Sinn: André de Toths Dark Waters (USA 1944), Otto Premingers Frau am Abgrund (USA 1950), Ralph Thomas‘ Auf falscher Spur (UK 1950) oder Joseph M. Newmans Gefährliche Überfahrt (USA 1953) sind allesamt in einem ähnlichen Fahrwasser angesiedelt.

 

“Only the unbalanced mind continues to cling to errors of belief in the face of all contradictions.” Sharon Carlin hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Nervenzusammenbruch, erfahren wir später, und so wird auch für ihren Gefährten der Nacht, Paul Colbert (Jacques Bergerac), fraglich: Ist alles ein Komplott, so wie Sharon behauptet? Oder ist es Selbstttäuschung? Die ersten 50 Minuten sind wunderbar angelegt. Bernard Wiesens Dramaturgie ist ebenso flott wie zupackend, und in Anbetracht des geringen Budgets lässt sogar die Inszenierung kaum etwas zu wünschen übrig. Im Anschluss wird das Ganze dann plötzlich dialoglastig, und das Tempo lässt merklich nach. Noch immer hält die Geschichte ihre Zuschauer halbwegs bei der Stange, doch das Finale und die Schlussszene sind ebenso überraschend wie leider auch nicht überzeugend. Mala Powers (Outrage, USA 1950) gehörte neben Audrey Totter, Jan Sterling, Gloria Grahame oder Beverly Garland zu jenen begabten Darstellerinnen, mit denen das stocksteife Hollywood der McCarthy-Ära nicht viel anzufangen wusste. Auch die anderen Schauspieler und die Kameraarbeit sind großteils gut, aber alles in allem kommt die B-Produktion der unabhängigen Scaramouche Pictures am Ende über ein solides Mittelmaß nicht hinaus. Schade!

 

Unterm Originaltitel Taste Of Fear ist der Film, der einst auch im bundesdeutschen Kino lief, Teil einer (längst vergriffenen) US-amerikanischen DVD-Edition (2012) mit dem Titel Weird-Noir von Image Entertainment und zwar in deren Reihe Something Weird. Gemessen an anderen Film-Noir-Klassikern ist das Werk nicht allzu weird, doch bietet die DVD im Ganzen sechs B-Produktionen, was für Freunde einer eher obskuren Filmklassik in Schwarzweiß allemal attraktiv sein kann.

 


 

Post Noir | 1961 | USA | Bernard Wiesen | Peter Brocco | Robert Karnes | Mala Powers

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