Mädchen und der Kommissar, Das

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
***
Originaltitel
Max et les ferrailleurs
Kategorie
Neo Noir
Land
FRA/ITA
Erscheinungsjahr
1971
Darsteller

Michel Piccoli, Romy Schneider, Georges Wilson, Bernard Fresson, François Périer

Regie
Claude Sautet
Farbe
Farbe
Laufzeit
107 min
Bildformat
Widescreen
 

 

Bild Bild Bild Bild
 
Paris: Früher war Max Pelissier (Michel Piccoli) Richter. Doch nachdem er einen Schuldigen aus Mangel an Beweisen hatte laufen lassen müssen, wurde er, obgleich finanziell saturiert, Inspektor bei der Pariser Polizei. Aktuell hat er mit mehreren Banküberfällen zu tun, bei denen es kaum Spuren gibt. Als sich das zum vierten Mal wiederholt, gelingt es Max trotz eines Informanten nicht, die Verbrecher auf frischer Tat zu ertappen. Statt einer Filiale, wie angekündigt, rauben sie das Stammhaus der Bank aus, und Max’ Informant wird tot zurückgelassen. Als er im Zuge seiner Ermittlungen einen Autohändler befragt, bemerkt er dort zufällig seinen Bekannten Abel (Bernard Fresson), den er seit ihrer gemeinsamen Zeit beim Militär nicht mehr getroffen hat. Er lässt sich von Abel auf der Straße ansprechen, der den Inspektor aufgrund dessen distinguierter Kleidung für einen inzwischen reichen Geschäftsmann hält. Abel berichtet ihm von seiner Arbeit im Schrotthandel in dem Pariser Vorort Nanterre und erwähnt, dass er sich das Metall teilweise durch Diebstähle auf Baustellen zu besorgen versteht. Und der alte Freund meint beiläufig, dass Abel aufhören müsse, nur Kleinkram zu machen, sondern lieber mal etwas richtig Lukratives planen sollte. Auf dem Präsidium informiert Max den Chefinspektor (Georges Wilson) darüber, dass er einer Bande von Bankräubern auf der Spur sei. Doch als sie mit dem in Nanterre ansässigen Kommissar Rosinsky (François Périer) Kontakt aufnehmen, hält jener eine Beteiligung von Abels kleinkriminellem Zirkel an solchen Raubzügen für abwegig…
 
„In dem Meisterwerk des französischen Film Noirs der 1970er-Jahre glänzt die damals 33-jährige Romy Schneider neben Michel Piccoli“, heißt es im Presseinfo zur Neuedition (2012) des seit 2004 mehrfach auf DVD erschienenen Films bei Arthaus.de. Dies ist keineswegs falsch, doch ein Meisterwerk wird mancher vergebens suchen, denn das ist Das Mädchen und der Kommissar gewiss nicht. Zwar genießt Romy Schneider ihr Spiel als Flittchen vom Straßenstrich, mit dem sie konsequent gegen ihr Image als braves Mädel des deutschen Heimatfilms und österreichische Kaiserin Sissi anlief, das tief im Adenauer-Deutschland der 50er wurzelte. Hier und da blitzt die brillante Schauspielerin auf, die sie wirklich war, doch ein großer Rollencharakter wie Jane Fondas Bree Daniels in Alan J. Pakulas Neo Noir Klute (USA 1971) wird aus ihrer „Lily“ alias Julia Anna Ackermann nicht. Auch Michel Piccoli - ums Understatement bemüht, das die Rolle des Inspektors trägt - bleibt als Max zu blass und zu fragmentiert, um in seiner Liebe und als Fanatiker glaubhaft zu wirken. Doch sind es weniger die Schauspieler, denen das anzukreiden wäre. Nachdem Claude Sautet mit Die Dinge des Lebens (FRA/ITA/SW 1970) in der Besetzung Piccoli-Schneider ein Meisterstück geschaffen hatte, geht ihm hier vieles schwer von der Hand. In den USA gibt es tatsächlich den Begriff heavy handed – gestelzt, bemüht, konstruiert! So erscheint Das Mädchen und der Kommissar an vielen Stellen und das trotz der Leistungen von Darstellern wie Bernard Fresson, Philippe Léotard oder François Périer.
 
Das Maedchen und der Kommissar-lc-web1_0.jpg Das Maedchen und der Kommissar-lc-web2_1.jpg  Maedchen und der Kommissar-lc-web3_0.jpg
© Studiocanal GmbH
 
Jener Kommissar Max, der vorsätzlich eine Bande von Ganoven zum Bankraub anstiftet und sich dann in eine Prostituierte, die Freundin seines ehemalige Kameraden Abel, unglücklich verliebt, ist eine Film-Noir-Gestalt par exellence. Mancherorts im Film denkt man sich, warum Sautet und sein Stab nicht mehr aus dem Stoff haben herausholen können. Warum sie ihm so distanziert und durch die Zeitgeistbrille begegnen, wenn die Polizisten als Schurken – aber eben nicht fein und vielfältig gebrochen wie bei Jean-Pierre Melville! - jenen lebensfrohen Proletariern (= den Ganoven als Lebenskünstlern) ihre Existenz am gesellschaftlichen Rand zerstören wollen, aus reinem Berufsfanatismus natürlich. Das wirkt angestaubt und erweist sich als „ideologisch“ überladen, was zuletzt den Eindruck einer konstruierten und kaum schlüssigen Motivation der Handelnden hervorruft. Im Vergleich mit Jean-Pierre Melvilles Vier im roten Kreis (FRA/ITA 1970), Claude Chabrols Das Biest muss sterben (FRA/ITA 1969) und José Giovannis Der Kommissar und sein Lockvogel (FRA/ITA 1970), allesamt Referenzwerke des französischen Neo Noirs jener Jahre, schneidet Das Mädchen und der Kommissar weit schwächer ab. Ein trotz konsequenten Finales mittelmäßiger Film, der ans Debüt Claude Sautets, den Post Noir Der Panther wird gehetzt / Volles Risiko (FRA/ITA 1960), nicht mehr heranreicht.
 
Die DVD-Editionen von AVU (2004) und von Starlight (2007) boten den Film ungekürzt im Originalformat, bildtechnisch gut (nicht brillant) und mit jeweils deutschem und französischem Ton, jedoch ohne Untertitel. Die Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (2007) im Rahmen der SZ Reihe Série Noire (Nr. 3) beinhaltete auch deutsche Untertitel; ebenfalls tut das die 2012 erschienene Neuausgabe von Arthaus / Studiocanal - allerdings wie auch die vorherigen ohne Extras.
 

Neo Noir | 1971 | France | Claude Sautet | Bernard Fresson | Dominique Zardi | François Périer | Michel Piccoli | Philippe Léotard

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.