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Bewertung
***
Originaltitel
While The City Sleeps
Kategorie
Film Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1956
Darsteller

Dana Andrews, Howard Duff, Sally Forrest, Vincent Price, Ida Lupino

Regie
Fritz Lang
Farbe
s/w
Laufzeit
95 min
Bildformat
Widescreen
 

 

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New York: Der Medienmogul Amos Kyne (Robert Warwick) stirbt und hinterlässt seinem Sohn Walter (Vincent Price), einem Tunichtgut, sein gewaltiges Unternehmen. Der komplexbehaftete Erbe macht sich einen Jux daraus, die Besetzung der Stelle eines "Executive Directors" an die Aufklärung einer Mordserie an jungen Frauen zu knüpfen, die New York in Atem hält. Die Abteilungsleiter finden sich in einem erbitterten Ringen um den Posten, darin Kollegialität nichts zählt, neue Allianzen geschmiedet und alte verraten werden. Auch Edward Mobley (Dana Andrews), Kynes Kommentator der Tagesnachrichten und selbst Pulitzer-Preisträger, lässt sich in das Spiel verwickeln. Zufällig ist er mit dem ermittelnden Lieutenant Burt Kaufman (Howard Duff) befreundet und schlägt aus der Beziehung Kapital. Als er die eigene Sendung für eine Ansprache an den Mörder nutzt, gerät Mobleys Verlobte Nancy Liggett (Sally Forrest) ins Visier des „Lipstick Killers“. Zeitgleich beschließt der Redakteur Mark Loving (George Sanders), seine Geliebte Mildred Donner (Ida Lupino) auf den Lebemann Mobley anzusetzen, um ihn dank ihrer Verführungskunst auf seine Seite zu bringen…
 
Im Jahr 1955 inszenierte Joseph L. Lewis mit klassischen Film-Noir-Schauspielern und Kameramann John Alton den wunderbaren Geheimring 99 . Als wollte Fritz Lang es ihm gleichtun, versammelte er einen Stab erstklassiger Darsteller und ließ in seinem vorletzten US-Film ein Ensemble von zehn damaligen Stars auftreten. Das Resultat ist ein Film Noir, darin Macht, Mord und Intrigen ein dichtes Gespinst bilden, und so mancher eine erstklassige Leistung zeigt – allen voran Vincent Price, Ida Lupino, Thomas Mitchell und George Sanders. Die Toppbesetzung und die via Fritz Lang gewohnt sorgfältige Inszenierung lassen Die Bestie als einen modernen, schnellen Film erscheinen, der seine Ausdruckskraft und seine Botschaft mehrspurig zu vermitteln weiß. Zudem war post 1954, nach dem politischen Aus für den Kommunistenjäger Senator Joseph McCarthy, das Eis politisch gebrochen und Hollywood erlaubte sich wieder den einen oder anderen kritischen Unterton. Thematisch verdankt Die Bestie manches dem heute fast unbekannten Drama - mit ebenfalls Starbesetzung - Die Intriganten (USA 1953) von Film-Noir-Spezialist Robert Wise, darin es um den beinharten Machtkampf in einem Großkonzern geht.
 
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© Exposure Cinema

 
In Die Bestie kennt der Zuschauer den Mörder von Anbeginn. Dennoch ist nicht klar, wer Die Bestie sein soll, denn bestialisch egoistisch sind sie alle miteinander. „So ist die Macht des Bösen, ein zentrales Thema in Langs Filmen“, schreibt Georg Seeßlen in seinem Buch Kino der Angst, 1980, „nicht dadurch so mächtig, weil sie andere Bereiche gesellschaftlicher Macht verdrängen und sich an ihre Stelle setzen kann, sondern weil sie das Ganze durchwirken kann mit einem Netz der Beziehungen (…)“. Um so mehr enttäuscht ein Ende, - nicht unbedingt das immerhin noch passable Finale - welches sowohl gemessen an seiner Zeit als auch mit Blick auf die Geschichte selbst vollkommen unglaubwürdig scheint. Es ist ein typisches Problem der Fritz-Lang-Filme in jenen Fünfzigern, das Die Bestie  z.B. mit Gardenia – eine Frau will vergessen (USA 1953) teilt, dessen Schluss den Film ebenso ruiniert wie dasjenige im vorliegenden Fall. So spielt Fritz Langs Die Bestie längst nicht in der Liga von Stanley Kubricks Die Rechnung ging nicht auf (USA 1956) oder Alexander Mackendricks Dein Schicksal in meiner Hand (USA 1957), solchen wirklich erstklassigen Film Noirs der späten Ära. Wie so oft bei den Hollywoodproduktionen Fritz Langs ist die Inszenierung weitgehend solide bis sehr gut, bevor mit dem Ende die Quintessenz des Ganzen absurderweise verschenkt wird.
 
Die englische DVD-Edition von Exposure Cinema (2010) bringt den Film ungekürzt im Vollbildformat (1.37:1) und inklusive englischer Untertitel. Das originale, kurzlebige und damit ungewöhnliche Format namens "SuperScope" (2.00:1) entspricht nicht dem heutigen Widescreen (1.85:1) und wurde zumindest für diese Edition leider nicht verwendet. Die Bildqualität ist überraschenderweise exzellent. Für den Film-Noir-Liebhaber und für Freunde des Fritz-Lang-Kinos ist der Film allemal ein kurzweiliges Intermezzo.
 

Film Noir | 1956 | USA | Fritz Lang | Ernest Laszlo | Dana Andrews | George Sanders | Howard Duff | Larry J. Blake | Robert Warwick | Thomas Mitchell | Vincent Price | Ida Lupino | Rhonda Fleming | Sally Forrest

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am 20. Januar 2014 - 14:13

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Kürzlich bei Amazon in England für 9 BP erworben und gestern Abend zum ersten Mal gesehen. Stimmt: das Ende wirkt etwas konstruiert, "While The City Sleeps" ist nicht rundum perfekt.

Dennoch zählte ihn Fritz Lang in verschiedenen Interviews zeitlebens zu seinen absoluten Lieblingswerken. Meiner Ansicht nach zu Recht. Allein schon die Dialoge: lakonisch/sarkastisch/zynischer geht's nimmermehr. Nicht einmal die besten Humphrey-Bogart-Passagen in Nicholas Rays "In A Lonely Place" (USA, 1950), Hank Quinlan alias Orson Welles in "Touch of Evil" (1958) oder einige knackige, von Ernest Hemmingway ersonnene Sätze in Robert Siodmak's "The Killers" (1946) erreichen diese Deftigkeit und Dichte.

Dana Andrews in seiner wohl denkwürdigsten Rolle: Selten nüchtern und im heftigen Flirt mit Rhonda Fleming, der Frau, die er aufrichtig liebt und heiraten möchte - aber auch dem ein oder anderen externen Techtelmechtel nicht abgeneigt. Einige Dialoge zwischen Männern und Frauen sind dermaßen schlüpfrig, frivol - und authentisch - , dass man den sonst so oft gescholtenen Zensoren hier mal ein Lob für ihre Zurückhaltung aussprechen muss.

In seinen Dialogen ist "While The City Sleeps" seiner Zeit weit voraus und "moderner" als nahezu alle anderen Film Noirs aus den 40er und 50er Jahren. Schaut man sich danach beispielsweise einige der besten Hitchcock-Streifen aus dieser Dekade an: "Vertigo" (1958) oder "North by Northwest" (1959), dann stellt man erstaunt fest, wie farblos und hausbacken doch im Grunde die Gespräche in diesen Werken verlaufen...

Nicht von ungefähr wurde "While the City Sleeps" schon vor Jahren in einer Time-Out-Besprechung als der am meisten unterschätzte Film von Fritz Lang bezeichnet. Und auch Blake Lucas schwärmt in "Film Noir - An Encyclopedic Reference to the American Style": "Lang effecticely undercuts viewer certainty about everything... the true suspense of the film is manifest in the narrative probing of the critical relationship between society's illness and its normality; and the formal precision of each scene reasserts the existing of this relationship...."

Gottlob findet in den Redaktionen allmählich eine Neubewertung statt, wie auch das aktuelle Kritikervotum von 100 Prozent bei Rotten Tomatoes zeigt:

http://www.rottentomatoes.com/m/while_the_city_sleeps/reviews/

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