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Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
**
Originaltitel
The Naked Face
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1984
Darsteller

Roger Moore, Rod Steiger, Elliott Gould, Art Carney, Anne Archer

Regie
Bryan Forbes
Farbe
Farbe
Laufzeit
115 min
Bildformat
Widescreen

 


 

 

Chicago, Illinois: Während ihrer Sitzungen offenbaren mehrere Klienten einer Praxis für Psychotherapie die schwerwiegenden Probleme, welche sie zu der Einsicht führten, dass sie eine Behandlung benötigten… Auf dem Rosehill Cemetery, dem größten Friedhof der Stadt, geht Psychotherapeut Dr. Judd Stevens (Roger Moore) mit einem Strauß Blumen zum Grab seiner Ehefrau Elizabeth und seiner Tochter Laura, die vor weniger als zwei Jahren am Vorabend des Weihnachtstages bei einem Unfall ums Leben kamen. Er bemerkt nicht, dass vom Rücksitz eines 1980er Cadillac Sevilles jemand mit einem Gewehr samt Schalldäpfer auf ihn anlegt. In dem Augenblick, als der Schütze abdrücken will, verdeckt ihm jedoch eine Prozession die Sicht. Als er das Grab der Frauen und Dr. Stevens wieder zu sehen bekommt, bewehgt der bereits sich in Richtung des Ausgangs und wird bald durch Bäume verdeckt… Sein nächster Termin führt Dr. Stevens ins örtliche Staatsgefängnis, wo er sich einer Sicherheitskontrolle unterziehen muss, bevor er in Begleitung einer Wärterin (Rosemarey Schoeninger) zur Zelle seines Patienten begleitet wird. Es ist bereits Abend, als er beim Wentworth Court, einem auf der gleichnamigen Avenue gelegenen, edlen Apartmenthaus vorfährt und der in Livree gekleidete Concierge Charlie (Edward L. Buba) ihn fragt, ob er Stevens‘ 1980er BMW 320i in die Parkgarage fahgren solle. Erneut entgeht dem Therapeuten, dass er von einer nur wenige Meter voraus haltenden Limousine aus beobachtet wird…

 

“Look, you need a new fur coat like I need herpes.” Im Langzeitgedächtnis der Filmgeschichte steht der Name Roger Moore für seine Personifizierung eines britischen Spions des MI6-Geheimdienstes namens James Bond - basierend auf der seit 1953 erscheinenden Romanserie des Schriftstellers Ian Fleming. Moore verkörperte den Agenten 007 zwischen 1973 und 1985 in sieben Kino-Adaptionen. Wie sein Vorgänger Sean Connery, der von 1962 bis 1971 als erster Bond überhaupt in sechs Verfilmungen in Erscheinung getreten war, wollte Roger Moore dem Image, das ihm die Rolle im Blockbuster-Kino als Schauspieler angeheftet hatte, schließlich entkommen. Weil er sogar drei Jahre älter als Sean Connery war, zählte er 1984, als er in Bryan Forbes‘ (Seance On A Wet Afternoon, UK 1964) Verfilmung von Sidney Sheldons Kriminalroman The Naked Face (EA 1969, auf Deutsch 1973 als Der Arzt und die Unsichtbaren) die Hauptrolle übernahm, bereits 57 Jahre. De facto hat seine Verkörperung des Psychotherapeuten Dr. Judd Stevens mit der Figur des Actionhelden, welcher Bond zweifelsohne ist, nichts zu tun. Jener trauernde Witwer, der bei einem Unfall seine Ehefrau und seine Tochter verlor und nun in der Arbeit Trost sucht, ist das Gegenteil des großmäuligen und selbstbewussten Rabauken auf internationaler Bühne. Allerdings bringt Moore ansonsten fast keine Charakterzüge in die Rolle ein, und ich wunderte mich bald, weshalb ausgerechnet ein fader Spießbürger wie Judd Stevens im Zentrum eines solchen Thrillers steht. Keiner der beteiligten Schauspieler in diesem Machwerk zeigt sonderlich Energie in der Ausgestaltung seiner Figur – mit Ausnahme Rod Steigers, der völlig übersteuert. Nun kann jemand wie Rod Steiger, beizeiten ein grandioser Schauspieler, das natürlich. Aber sein Police Lieutenant McGreavy ist solch ein hoch aggressiver, aus seinem Zwinger entsprungener Kettenhund, dass er sich zu einer Karikatur seiner selbst degradiert. Von Beginn an ist er überzeugt, dass Stevens selbst der Schuldige und der Mörder ist, ohne ein Motiv oder nur Indizien vorweisen zu können. McGreavy keift und brüllt sich durch den Film, dass selbst ein mit polizeilichen Ermittlungen in keiner Weise geschultes Publikum bloß noch den Kopf schütteln kann. 

 

”One of the biggest problems is with Moore's character of Doctor Judd Stevens (…) He's not a character at all, simply just a plot device so that the surrounding elements in the movie can play out”, schreibt Keith Bailey für The Unknown Movies und das ist vollkommen richtig. Auch darüber hinaus stimmt aber so gut wie nichts in dem spannungsarmen Thriller. Die Geschichte ist vom Ende her betrachtet in ihrer Entwicklung derart holprig und dermaßen blödsinnig, dass es kaum zu glauben ist. Anne Archer liefert als Patientin von Dr. Stevens, die mit den Morden in dessen Umfeld irgendwie in Zusammenhang zu stehen scheint, eine schlicht jämmerliche Leistung ab. Die Metropole Chicago wird kaum in Szene gesetzt, und Kulissen, Garderobe und Kameraarbeit zeigen den Charme einer x-beliebigen TV-Serie. Trotz seiner Filmstars wirkt das Werk der Golan-Globus Productions daher wie eine B-Produktion oder wie ein schon damals angestaubter Pilotfilm fürs Mainstream-Fernsehen. Womöglich ahnte Roger Moore das bereits; jedenfalls schlafwandelt er durch den Film, als sei er ohnehin nur wegen der Gage mit von der Partie. Sicher, die 80er waren für den Neo Noir nicht das beste Zeitalter. Wenn man aber bedenkt, dass im gleichen Jahr James Bridges‘ Mike’s Murder (USA 1984), Joel Coens Blood Simple – Eine mörderische Nacht (USA 1984) und Richard Tuggles Der Wolf hetzt die Meute (USA 1984) erschienen, ist das hier ein ganz, ganz dünnes Süppchen. Auf keinen Fall zu empfehlen.

 

In Spanien erschien von Llamentol S.L. unterm Titel A cara discubierta eine BD-Edition (2014) mit dem Film bild- und tontechnisch exzellent, ungekürzt und im Originalformat inklusive des englischen Originaltons und mit der jeweiligen Kinosynchronisation auf Spanisch und sogar Deutsch, sowie mit Untertiteln auf Spanisch und Portugiesisch – das Ganze ohne jegliche Extras. Eine deutsche DVD-Ausgabe (2012) der Deutsche Austrophon GmbH beinhaltet das Werk ebenfalls hochwertiger Bild- und Tonqualität, dazu Tonspuren auf Englisch und Deutsch und ohne Untertitel und auch ohne Extras.

 


 

Neo Noir | 1984 | USA | Bryan Forbes | Elliott Gould | Rod Steiger | Anne Archer

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