White Sands – Der große Deal

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


banner_der_film_noir_3.jpg


Bewertung
****
Originaltitel
White Sands
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1992
Darsteller

Willem Dafoe, Mary Elizabeth Mastrantonio, Mickey Rourke, Samuel L. Jackson, M. Emmet Walsh

Regie
Roger Donaldson
Farbe
Farbe
Laufzeit
101 min
Bildformat
Widescreen

 


 

White Sands-Poster-web2.jpg White Sands-Poster-web3.jpg White Sands-Poster-web1.jpg White Sands-Poster-web4.jpg

© Warner Bros.

In der zerklüfteten Wüste New Mexicos hat Hubschrauberpilot Delmar Blackwater (Frederick Lopez), der von zwei Hobby-Archäologen gechartert worden war, das Auto und die Leiche eines Unbekannten (Steve Cormier) erspäht. Als Deputy Sheriff Raymond Dolezal (Willem Dafoe) über die staubige Piste rasend vor Ort eintrifft, ist nicht nur der Helikopter bereits gelandet. Auch der ortsansässige Gerichtsmediziner Dr. Bert Gibson (M. Emmet Walsh) empfängt den Polizeibeamten mit einigen sarkastischen Sprüchen. Der Tote hat einen Revolver in der Rechten, womöglich beging er Selbstmord oder er wurde ermordet. Ihm zur Seite liegt ein Aktenkoffer mit einer halben Million US-Dollar in bar… In der Dämmerung sitzt Ray Dolezal im Büro und zählt die Summe im Koffer, als sein 10-jähriger Sohn Ben (Alexander Nicksay) zur Tür hereinkommt und durch die Banknoten auf dem Schreibtisch neugierig wird. Ray lässt seiner Frau Molly (Mimi Rogers) durch Ben ausrichten, dass es heute später würde und gibt der Zulassungsstelle das Nummernschild des Wagens durch, der dem Toten gehörte. Mit einigen Fasern, die er im Koffer fand begibt sich Dolezal in die Arztpraxis von Bert Gibson, wo die Leiche auf dem OP-Tisch liegt und Gibson diese Fasern als schmutzigen Teppichflaum identifiziert. Gleichzeitig fällt ihnen auf, dass das Gewebe nur vom Fussbodenbelag des Longhorn Ranch Motels stammen könne. Inhaber Peterson (Royce D. Applegate) unterrichtet Dolezal über einen als Mr. Spenser für nur eine Nacht eingetragenen Gast…

 

“Solid and under seen 90's Neo-Noir that holds up pretty good today”, schreibt Purdie für LetterBoxd und ich sehe es ebenso. Die Kameraarbeit des damaligen Debütanten Peter Menzies jr. ist grandios, Donaldsons Gespür für Dramaturgie und Schnittfolgen erweist sich als punktgenau, die beteiligten Darsteller liefern durch die Bank gute Leistungen ab und der häufiger als überfrachtet kritisierte Plot in jenem Drehbuch David Pynes hat mich bei der Stange gehalten. Allemal ist erstaunlich zu sehen, dass dieser Thriller fast 30 Jahre alt ist und keine Spur jener überzüchteten Comic-Strip-Coolness eines Quentin Tarantinos aufweist, der im gleichen Jahr mit Reservoir Dogs (USA 1992) sein Debüt als Regisseur ablieferte. Roger Donaldsons Thriller um ein Waffengeschäft, darin korrupte Staatsbeamte von CIA und FBI verwickelt sind, bietet die Blaupause für die Geschichte um den unbescholtenen Deputy Sherriff Ray Dolezal aus Torrance County, New Mexico, der auf der Suche nach einem Mörder undercover geht und in der Rolle des ominösen Bob Spensers auf die Femme fatale Lane Bodine (Mary Elizabeth Mastrantonio) und auf den mit ihr verbandelten Kriminellen Gorman Lennox (Mickey Rourke) stößt. Das Ganze ist an einigen Ecken und Enden nicht immer plausibel, bietet jedoch die Art rasanten Kinos in der Tradition des seit den späten 60er Jahren etablierten Neo-Noir-Thrillers, die mich an John Dahls Kill Me Again / Töten Sie mich (USA 1989), an Carl Franklins One False Move (USA 1991) oder an Bill Dukes Jenseits der weißen Linie (USA 1992) erinnert. Solche Neo Noirs der frühen 90er Jahre waren stets mit Ingredenzien durchsetzt, die man als “Old School“ bezeichnen darf, aber konträr zu der von Zeitgeist und Slacker-Coolness beeinflussten Kinotradition im Kielwasser von Quentin Tarantinos Pulp Fiction (USA 1994) altern sie erstaunlich gut. Sieht man letzterer ihre von modischen Attributen und Jugendkultur gekennzeichneten Einflüsse an, die mitunter altbacken oder schlicht albern wirken, erweist sich ein Film wie White Sands – Der große Deal sicher nicht als Meisterstück, doch allemal als ein spannendes No-Nonsense-Vexierspiel.

 

“I've never met anyone like you... you're honest, even when you lie.” Das Quartett der zentralen Charaktere des Thrillers besteht aus vier Darstellern, die in Kinofilmen der 80er Jahre langsam aber sicher heranreiften und hier perfekt harmonieren. Zu den bereits Genannten gerhört auch Samuel L. Jackson, der sich in Harold Beckers Sea Of Love – Melodie des Todes (USA/CAN 1989) und in Spike Lees Mo‘ Better Blues (USA 1990) erste Sporen verdiente und in Roger Donaldson Neo Noir zeigt, was in ihm steckt. Mickey Rourke hatte 1991 im Alter von bereits 39 Jahren eine zweite Karriere als Profiboxer begonnen, was ihm bis zu deren Ende im September 1994 zahlreiche Gesichtsverletzungen eintrug, die den als Beau zum Hauptdarsteller avancierten Rourke so derangiert aussehen ließen, dass er für über 10 Jahre nurmehr in B-Produktionen und in Nebenrollen auftrat. White Sands – Der große Deal bleibt ein Film, der seinerzeit durchwachsene Kritiken provozierte und schnell wieder aus den Kinos verschwand. Mit drei Jahrzehnten Abstand erweist sich dieser Neo Noir der Dekade als keinesfalls schlecht und sei denjenigen, die solche Art Thriller und das Ensemble schätzen, daher wärmstens empfohlen.

 

Es gibt eine jeweils gute deutsche BD- und DVD-Ausgabe (2019) der Studio Hamburg Enterprises und eine ältere DVD (2002) der Warner Home Video GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bild und tontechnisch gut restauriert und inklusive des englischen Originaltons und der deutschen und spanischen Kinosynchronisation, optional Untertitel auf Deutsch, Englisch, Schwedisch, Spanisch, Norwegisch, Dänisch, Finnisch, Polnisch, Griechisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch, Isländisch, Kroatisch, Italienisch und Französisch, den US-Kinotrailer als einziges Extra. Bei den Ausgaben der Studio Hamburg Enterprises gibt es zusätzlich war noch ein achtseitiges Booklet mit Infos zum Film und zur Besetzung, allerdings fehlen nicht nur die spanische Tonspur sondern auch die bei der Edition der Warner Home Video GmbH zur Verfügung stehenden Untertitel und zwar vollständig. Abgesehen von der Ignoranz gegenüber Menschen mit Hörschädigungen ist das nicht zuletzt deswegen rückschrittlich, weil solche UT auch Filmfreunden helfen, die das Werk gern im Original genießen wollen (auch hier unbedingt zu empfehlen) und für ein sicheres detailiertes Verstehen Untertitel einblenden wollen.

 


Neo Noir | 1992 | USA | Roger Donaldson | M. Emmet Walsh | Mickey Rourke | Samuel L. Jackson | Willem Dafoe | Mimi Rogers

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.