Verbotene Straße

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Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Victimas del Pecado
Kategorie
Film Noir
Land
MEX
Erscheinungsjahr
1951
Darsteller

Ninón Sevilla, Tito Junco, Rodolfo Acosta, Rita Montaner, Ismael Pérez

Regie
Emilio Fernández
Farbe
s/w
Laufzeit
85 min
Bildformat
Vollbild

 


 

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© Verlag für Filmschriften Christian Unucka

Mexiko-Stadt: Im Nachtclub Changoo geht der Zuhälter und Gangster Rodolfo (Rodolfo Acosta) seit Jahren ein und aus, denn hier verkehren die Mädchen, die im Viertel für ihn auf dem Strich gehen. Heute Abend tritt dort zur Musik von Rita Montaner (Rita Montaner) und ihrem Orchester die Tänzerin Violeta (Ninón Sevilla) auf, die ihre Chance Ritas Fürsprache und der Gunst des Inhabers, Don Gonzalo (Francisco Reiguera), zu verdanken hat und die nach dem Erfolg ihrer Show in der Garderobe überglücklich ist. Zugleich ist die Rede davon, dass die Prostituierte Rosa (Margarita Ceballos) von Rodolfo schwanger wurde und dieser Tage im Krankenhaus ihr Kind gebar. Rosa wurde von Rodolfo fallen gelassen und ist mittellos, so dass ihre Freundinnen beschließen Geld zu sammeln. Violeta geht gar zu Don Alfonso und erhält von ihm ein Darlehen für die arme Mutter. Indessen verbittet sich der skrupellose Rodolfo gegenüber Carmela jede Einmischung in seine Verhältnisse und will sein Kind nicht anerkennen. Stattdessen amüsiert er sich mit Raquel (Yolanda Ortiz), einer Hure, der er erst ihre Einnahmen abknöpft, bevor er mit ihr eine flotte Sohle aufs Parkett legt. Schließlich kommt Rosa mit ihrem Kind auf dem Arm in das Changoo und stellt Rodolfo zur Rede, indem sie ihm ihren Sohn darbietet und dann beteuert, dass sie erneut für ihn arbeiten wolle. Aber der Vater weist ihr Ansinnen ebenso entsetzt wie lautstark zurück. Rodolfo begibt sich geradewegs an die Bar, wo er von der Tresenkraft eine Flasche Whiskey verlangt…

 

In dem wenige Monate zuvor in Mexiko aufgeführten Film Noir Entfesselte Moral (MEX 1950) von Alberto Gout spielte Ninón Sevilla eine nahezu identische Rolle. Es war dort und ist hier jene der Prostituierten, die sich über ihre Tanzkunst aus der Gosse in ein besseres Leben zu stemmen hofft. Seit 1947 hatte die aus Kuba stammende Tänzerin Ninón Sevilla auch als Schauspielerin Erfolg in jener Mixtur aus Musical und Film Noir, die als “cabaretera“ in Mexikos Filmgeschichte einging. Typisch hierfür ist der Hintergrund einer Milieustudie bzw. eines Sozialdramas, das den Akteuren im Rahmen glamouröser Nachtclubszenarien die Möglichkeit gibt, sowohl romantische Abenteuer als auch kriminelle Verwicklungen zu durchleben. In Verbotene Straße, der 1952 auch in Deutschland ins Kino kam, stammt die zentrale Figur Violeta im Gegensatz zu Entfesselte Moral nicht aus bildungsbürgerlichen Verhältnissen. Und an Stelle der amourösen Irrwege geht es in Sachen Sentiment hier um das Schicksal von Rosas Sohn, dessen Violeta sich annimmt, nachdem Rosa das Baby zugunsten Rodolfos auf nächtlicher Straße und auf dem Weg zu einem Raubüberfall in einer Mülltonne ablegte… Im mexikanischen Film jener Jahre wird in jeder Hinsicht starker Tobak geboten, Zwischen rasanten Tanznummern und brutaler Gewalt von Männern gegen Frauen und sogar gegen Kinder vergeht oft kaum eine Minute. Die Handlung springt von einem brodelnden Schauplatz des Lebens zum nächsten. Allerorten geht es handfest und mit ganzem Einsatz von Körper und Stimme zur Sache. Wenn sich Rita Montaner den Barbesitzer Don Gonzales vorknöpft, ist solche Sequenz in Sachen Temperament nicht zu überbieten. Das Verhältnis von Mann zu Frau, aber auch die Verhältnisse der Herren untereinander kennen keine Zwischentöne. Hier geht es stets ums Ganze. Und so zieht dieser beizeiten harte und konsequente Film Noir daraus mitunter sogar einiges an Humor.

 

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© Strand Releasing LLC.

Die Staatsmacht als regulierende Instanz ist einzig in Form des Gefängnisses präsent. Sogar dessen Direktor gibt im Schlussteil des Films zu verstehen, dass die dem Gesetz entspringende Gerechtigkeit mitunter ins Gegenteil, nämlich in Ungerechtigkeit umschlägt. Über eine Stunde folgt der Film konsequent einer der simplen Geschichte angemessenen Dramaturgie, die mit den dazugehörigen Tanzeinlagen geruhsam voranschreitet. Dann hängt das Drehbuch nochmals hastig erzählte neun Minuten dran und rafft eine Folgeschichte, die nach deutlich mehr Zeit verlangte, im Turbotempo zusammen, so dass dem Ende sogar eine nachvollziehbare Logik fehlt. Aber vielleicht kommt es in Mexiko auf diese Genauigkeit nicht so sehr an, denn einem bis an die Grenzen der Absurdität voran schreitenden Herzschmerz der Tragödie um den Sohn der Rosa, Juanito (Ismael Pérez), folgt die Auflösung und der Abschied von Ort und Zeit der Begebenheiten. Dass derlei Dingen zuletzt fast etwas Märchenhaftes zu eigen ist, passt zum Stil der “cabaretera“ und findet sich auch in den Film Noirs von Alberto Gout, die den Ruf Ninón Sevillas als Filmstar in jenen Jahren begründeten. Sowohl die teils exzellenten Darsteller in Hauptrollen - Tito Junco, Rodolfo Acosta, Ninón Sevilla - als auch die Kameraarbeit des wunderbaren Gabriel Figueroa heben das Drama mit seinen grandios gewählten Schauplätzen in Mexico City auf ein Niveau, das auch dem heutigen Cineasten mit einer Vorliebe für den klassischen Film Noir einigen Genuss bietet.

 

Erstklassige DVD-Edition (2006) der Strand Releasing Home Entertainment in den USA (Regionalcode 1) mit dem Film ungekürzt im Originalformat, bildtechnisch solide restauriert und mit original spanischem Ton inklusive optional englischer Untertitel, dazu eine Bildergalerie als Extra.

 

 

Film Noir | 1951 | International | Emilio Fernández | Gabriel Figueroa | Rodolfo Acosta | Tito Junco | Ninón Sevilla

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