Michel Auclair, Gisela Trowe, Hanna Rucker, Inge Meysel, René Deltgen
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Hamburg: Schauspielerin und Operetten-Sängerin Elisa Lorenz (Hanna Rucker) sitzt allein in der Stammkneipe des Ensembles vom Neuen Theater. Der Wirt (Alexander Hunzinger) erkundigt sich, ob sie denn nicht wieder ein neues Stück probten, jene Operette mit dem Titel Großstadtnächte, zu welcher Fred Apel einmal mehr die Musik beisteuere, deren Lieder von ihr, Fräulein Lorenz, dann gesungen würden. Sie bejaht mit einem Nicken, kippt in einem Zug ihren Cognac hinunter und lässt sich ein Taxi bestellen. Auf der Rückbank sitzend bleibt sie unschlüssig, und als der Fahrer (Joseph Offenbach) wissen möchte, wohin er sie bringen solle, blickt sie in ihr Notizbuch, wo sie Fred Apels Adresse notiert hat. Dann nennt sie eine andere Adresse, die ihres Apartments, nur um sich kurz darauf zu korrigieren und doch zu Apel zu fahren. Sie lässt, um nicht gesehen zu werden, einige Häuser davor anhalten. Zu Fuß geht sie den Aufgang und die Treppe zur Villa empor. Statt zu klingeln, sucht sie in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel und öffnet erst die äußere, danach die innere Eingangstür. Nun steht sie im Vorraum, der übertrieben dekoriert ist und wo ein Kronleuchter Licht spendet. Linkerseits führt eine geschwungene Treppe nach oben. Elisa macht sich bemerkbar, erhält aber keine Antwort, also geht sie in den Salon. Dort sieht sie, dass für zwei Personen zum Abendessen gedeckt wurde. Aber sonst ist niemand hier. Erst als sie im Kaminsessel wartend eine Zigarette raucht, bemerkt sie einen Körper, der unter dem Flügel liegt…
“Der erfahrene Regisseur Erich Engel legt einen stillen Kriminalfilm vor, dessen Aussagekraft in den Momenten angeblicher Belanglosigkeit für nachhaltige Noir-Effekte sorgt“, schreibt Percy Lister (etwas umständlich) für Dirty Pictures und liegt damit dennoch richtig. Zum ersten ist der Film weder action-lastig noch reißerisch, sondern lakonisch, beizeiten unterkühlt. Zum zweiten geht es um die Ambivalenz hinsichtlich eines Mordopfers, des Komponisten Fred Apel, der für eine Operette die Lieder des letzten Akts noch fertigstellen muss. Der Mann ist für die beteiligten Künstler – Theaterdirektor Ottmar Lüders (Carl-Heinz Schroth), seinen Autor F. O. Braun (Ernst Schröder), Schauspielerin und Sängerin Elisa Lorenz und für Apels Assistent Michel Dumas (Michel Auclair) – schlicht überlebenswichtig. Zugleich ist er ihnen unsympathisch. So zeigt sich niemand sonderlich daran interessiert, den ermittelnden Kriminalkommissar Dr. Hennings (René Deltgen) bei der Aufklärung des Falls zu unterstützen. Im Gegenteil! Alle decken sich gegenseitig, um gar nicht erst Verdachtsmomente zu generieren, welche einen von ihnen den Mühlen der Justiz ausliefern und die Premiere von Großstadtnächte gefährden könnte… Die ersten 10 Minuten sind auf den Punkt inszeniert und auffällig gut geschnitten. Auch später gibt es pointierte Szenen, und sogar einige der Dialoge sind nicht übel. Der Film hat mich somit teils überrascht, demgegenüber ich von Autor und Regisseur Robert A. Stemmle (Sündige Grenze, GER 1951) allemal Qualität erwartete. Von den Schauspielerinnen fallen Gisela Trowe (Straßenbekanntschaft, GER 1948), René Deltgen und Carl-Heinz Schroth positiv auf. Aber nach dem oben bezifferten Auftakt lässt die Sache mehr und mehr zu wünschen übrig. Der Humor ist entweder platt oder schwerfällig. Die Liebe zwischen Michel Dumas und Elisa Lorenz wirkt ebenso vorhersehbar wie konstruiert. Zudem verhält sich, damit im Licht der polizeilichen Untersuchung besagte Verdachtsmomente überhaupt entstehen können, Elisa Lorenz dergestalt dämlich, dass es unglaubwürdig wirkt.
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„Schöne Reklame für eine musikalische Komödie… Natürlich! Tod wäre nicht niederschmetternd genug gewesen. Mord muss es sein. Mord!“ Erich Engels Film, eine Produktion der Real-Film GmbH, Hamburg, ist eine Adaption des Romans Die Stimme des Mörders (EA 1948) von Robert Gilbert. Über lange Zeit hinweg ist an der Handlungsentwicklung wenig auszusetzen. Das Finale und die Aufklärung des Falls haben mich jedoch enttäuscht. Hier wird es geradezu lächerlich und das Publikum mit Blick auf seine Erwartungshaltung nach meiner Einschätzung betrogen. Kaum ist noch etwas übrig vom Film-Noir-Effekt, den Lister dem Werk attestiert. Stattdessen mündet er in jenen Strom harmloser Unterhaltung, der für die Bundesrepublik Deutschland im Verlauf der 50er, zumindest was ihre Kinokultur angeht, vorherrschend blieb. Regisseur Erich Engel, - nicht mit Erich Engels (Mordprozess Dr. Jordan, GER 1949) zu verwechseln - Autor Robert A. Stemmle und Schauspielerin Gisela Trowe hatten vier Jahre zuvor mit dem auf Tatsachen beruhenden und zupackenden Gerichtsdrama Affäre Blum (GER 1948) zu überzeugen vermocht. Sie bieten hier ein verhaltenes Echo solcher DEFA-Produktion, die den Antisemitismus der Weimarer Republik an den Pranger stellte. Fazit: Als Connaisseur des bundesdeutschen Nachkriegskinos kann man sich Unter den tausend Laternen getrost / Die Stimme des anderen anschauen. Man kann es ebenso bleiben lassen.
Als eine Veröffentlichung der Studio Hamburg Atelier GmbH im Vertrieb der RCA /Columbia gab es das Werk als VHS-Videokassette (1986) in einer Reihe mit bundesdeutschen Filmklassikern betitelt Damals im Gloria-Palast. Ich vermute, es ist eine Kopie dieser Edition, die heute in einigen Online-Portalen zu finden ist - ungekürzt und im Originalformat und von solider Bildqualität. Eine Blu-ray disc oder auch eine DVD des Werks gibt es bis dato (2026) nicht.














