Gnadenlos

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


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Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
No Mercy
Kategorie
Neo Noir
Land
USA
Erscheinungsjahr
1986
Darsteller

Richard Gere, Kim Basinger, Jeroen Krabbé, George Dzundza, Gary Basaraba

Regie
Richard Pearce
Farbe
Farbe
Laufzeit
106 min
Bildformat
Widescreen

 


 

© Tri-Star Pictures

Chicago, Illinois: In einer Waschstraße namens Star Galacto arbeiten die Polizeibeamten Eddie Jilette (Richard Gere) und Joe Collins (Gary Basaraba) incognito und tragen dafür je eine schillernde Kunststoffmontur, die an Raumfahrer denken lassen soll. Sie liegen auf der Lauer nach Drahtziehern des städtischen Drogenhandels, als ihnen Angel Ryan (Ray Sharkey) ins Netz geht, der mit seinem 1979er Cadillac Eldorado zum vierten Mal an diesem Tag zur Autowäsche vorfährt, auf dem Beifahrersitz der ihnen ebenfalls bekannte “White Fang“. In einer spektakulären Aktion drischt Jilette inmitten der Waschstraße mit einem Stemmeisen auf die Frontscheibe ein, die dabei zerbricht, indessen Ryans Fluchtversuch durch die gigantische hydraulische Skulptur vor dem Gebäude von Star Galacto zum Halten kommt. Der aufblasbare Roboter geht zu Bruch, doch alles, was die Polizisten in Angle Ryans Auto finden, ist eine Plastiktüte voller Marihuana. Während des Verhörs gehen Joey und Eddie nicht gerade zimperlich mit dem Dealer ins Gericht, haben sie für diese Nichtigkeit immerhin drei Tage Arbeit investiert. Als Ryans merkt, dass die beiden es ernstmeinen und ihn für das Gras wirklich anklagen wollen, schlägt er ihnen einen Deal vor. Am heutigen Abend soll er im Stockyard Inn einen Mann (Terry Kinney) aus New Orleans treffen, der einen Mord in Auftrag geben will. Der Mann kenne ihn nicht und werde dort in Gesellschaft einer Frau (Kim Basinger) auftauchen, die ihrerseits eine Tätowierung auf der Schulter trägt…

 

“No Mercy is an above-average film noir, and its creepy feeling for the back streets of New Orleans and the sultry evil of its red-light suburbs got under my skin”, schrieb Roger Ebert im Dezember 1986 für die Chicago Tribune. Das gilt erstaunlicherweise bis heute. Denn im Film, dies stellt Ebert sofort fest, wimmelt es von Klischees. Der harte Cop, dessen Frau ihn verließ und dessen Partner zu Beginn von bösen Buben erschossen wird. Sodann jene mysteriöse Femme fatale, Michel Duval (Kim Basinger), die in den Mord verstrickt und Mätresse und Eigentum jenes aus New Orleans, Louisiana, stammenden Mörders ist. Also begibt sich Eddie Jilette auf einen Rachefeldzug in die Stadt im Mississippi Delta, wo allerdings nichts an “The Big Easy“ denken lässt, sondern im Stadtviertel Algiers, wo Mobster Losado (Jeroen Krabbé) die Strippen zieht, eine dunkel dräuende, sinistre Atmosphäre herrscht. Und hier, inmitten von Prostitution, Drogen- und Menschenhandel, trifft Eddie Jilette in einem Nachtclub erneut auf jene verführerische Schönheit mit der Tätowierung auf der Schulter… Schon die wenigen Eckpunkte zeigen, dass der Plot fast durchgehend aus den gängigen Schubladen für den Old-School-Thriller zusammengeklaubt ist. Vor allem anderen feierte in jenen 80ern der hartgesottene, einzelgängerische Cop, Antiheld par excellence, eine Renaissance: Burt Reynolds’ Sharky und seine Profis (USA 1981), Richard Tuggles Der Wolf hetzt die Meute (USA 1984), ebenfalls in New Orleans angesiedelt, Michael Ciminos Im Jahr des Drachen (USA 1985) oder William Friedkins Leben und Sterben in L.A. (USA 1985) präsentierten dem Publikum Polizeibeamte, die deren Vorgesetzte wie Kettenhunde von der Leine ließen, wenn jenseits gesetzlicher Vorgaben mal richtig aufgeräumt werden musste. Das tut Eddie Jilette ebenfalls, der in Losado natürlich einen Gegenspieler findet, welcher vollends kalt und ruchlos agiert, wie man es von einem traditionellen Filmbösewicht ja auch erwarten sollte. 

 

“If you wanna die so bad, why don't you put that gun to your head and pull the trigger?” Mit Erwähnung des traditionellen Antagonisten gebe ich zugleich preis, dass Gnadenlos im Vergleich zum Neo Noir der 70er Jahre eine Rolle rückwärts dreht. Hier gibt es kaum Ambivalenz, einzig Opfer und Täter, Gut versus Böse. Das war eine Produktion, die Steven Spielberg, George Lucas, James Cameron und Roger Zemeckis nachfolgte, und sie zählt zum Kino der Blockbuster oder will zumindest dazugehören. Trotz seiner Stars Richard Gere und Kim Basinger, die nicht zu meinen Favoriten zählen und sich hier allemal ins Zeug legen, erhielt Richard Pearces Gnadenlos in den USA überwiegend schlechte Kritiken. Wenn ich mir überlege, dass James Camerons Alien 2 – Die Rückkehr (UK/USA 1986), Leonard Nimoys Star Trek IV – Zurück in die Gegenwart (USA 1986) und John Hughes‘ Ferris macht blau (USA 1986) Kassenschlager und Kritikerlieblinge wurden, kann ich darüber nur mit dem Kopf schütteln. Was immer man über diesen Neo Noir denkt, eins ist er sicher nicht, nämlich langweilig. Gnadenlos hat Tempo und Atmosphäre, kreiert Spannung und berückende Bilder, - man mag es in Anbetracht der furchtbar öden Filmplakate und Werbematerialien kaum für möglich halten! - obgleich die Handlung, besonders im Finale, ein Hollywood-Mumpitz bleibt. Und dennoch… folge ich diesmal der Einschätzung Roger Eberts, die ich rundum nachvollziehen kann. Ein zweiter mit Richard Gere und Kim Basinger in Hauptrollen besetzter Neo Noir, Phil Janous Eiskalte Leidenschaft (USA 1992), erwies sich nach meiner Einschätzung als eindeutig schwächer. 

 

In Spanien erschien von Sony Pictures Entertainment unter dem Titel Atrapados sin salida eine BD-Edition (2011) mit dem Film bild- und tontechnisch exzellent, ungekürzt und im Originalformat, inklusive des englischen Originaltons und mit der jeweiligen Kinosynchronisation auf Spanisch, Deutsch, Französisch und Italienisch sowie auch mit Untertiteln in genau den Sprachen. Weltweit gibt es via Sony Pictures Entertainment viele DVD-Ausgaben (2008), allesamt von hochwertiger Bild- und Tonqualität, mit ebenfalls den hier zur Blu-ray gelisteten Tonspuren, teils aber mit deutlich mehr Untertiteln.

 


 

Neo Noir | 1986 | USA | Richard Pearce | George Dzundza | Richard Gere | Kim Basinger

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