Guilty, The

NOIR CITY 21 - Oakland 2024



Psychologische Verteidigung


Concorde Home Entertainment


Eddie Muller


Wenn es Nach wird in Paris


Film Noir Collection Koch Media GmbH


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Bewertung
****
Originaltitel
Den skyldige
Kategorie
Neo Noir
Land
DNK
Erscheinungsjahr
2018
Darsteller

Jakob Cedergren, Jessica Dinnage, Omar Shargawi, Johan Olsen, Jacob Lohmann

Regie
Gustav Möller
Farbe
Farbe
Laufzeit
86 min
Bildformat
Widescreen

 


 

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© Ascot Elite Home Entertainment

Kopenhagen, Dänemark: Der Polizeibeamte Asger Holm (Jakob Cedergren) ist wegen eines Dienstvergehens vom Streifendienst in die Notrufzentrale Ost strafversetzt worden. Hier absolviert er heute seine letzte Schicht, bevor er am morgigen Tag in einer Gerichtsverhandlung Rede und Antwort stehen muss. Erst hat er den Junkie Nikolaj Jensen (Simon Bennebjerg) in der Leitung, der unter Angstzuständen leidet, die aber nicht auf eine Bedrohung durch dritte sondern auf die Einnahme von Speed zurückzuführen sind. Noch bevor Asger seine Adresse herausbekommen kann, hat Jensen bei Ankündigung der Polizei schon wieder aufgelegt. Da klingelt Holms privates Mobiltelefon und es meldet sich die Journalistin Tanja Brix (Laura Bro), die von ihm gern eine Meinung zu der am nächsten Tag anstehenden Verhandlung hätte. Doch der Polizist ist erbost, weil sie ihm nicht beantworten will, woher sie seine private Nummer hat und sich nicht einmal adäquat vorstellt, und so legt er einfach auf… Danach ruft ein Søren Amstrup-Riis (Morten Suurballe) die Notrufzentrale an und beschreibt, wie er von einer Nutte im Rotlichtviertel im Stadtteil Vesterbro im eigenen Auto ausgeraubt wurde. Um dem Mann einen Streifenwagen zu schicken, schaltet Asger zum Polizeihauptquartier um und hat unerwartet seinen Chef Bo (Jacob Hauberg Lohmann) am anderen Ende, der sich nun gemeinsam mit Asger über Idioten amüsiert, die sich auf der Amüsiermeile derart übertölpeln lassen. Holm holt sich ein Glas Wasser und löst darin ein Aspirin auf…

 

Gustav Möllers Debütfilm spielt einzig in den Räumlichkeiten der Notrufzentrale Ost in Kopenhagen und lebt von der Darstellung Asger Holms durch Jakob Cedergren. Fast alle übrigen Figuren treten nur als Stimme am Telefon in Erscheinung, weshalb die Handlung mehr einem Hörspiel als einem Film gleicht. Der Zuschauer wird allerdings genau dadurch ebenso wie Holm in die Irre geführt wird. Nutzte das Thrillerkino schon immer die Möglichkeit der optischen Illusion – „Kann ich darauf vertrauen, dass was ich zu sehen meine auch ist, wofür ich es halte?“ – verlagern Möller und sein Co-Autor Emil Nygaard Albertsen die Möglichkeit einer Täuschung beziehungsweise Selbsttäuschung in den Bereich der akustischen Wahrnehmung. Was hören wir und welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen? Auch das ist im Kino zuvor meisterhaft in Szene gesetzt worden, etwa durch Frances Ford Coppolas Neo Noir Der Dialog (USA 1974) mit Gene Hackman in einer seiner besten Rollen. Jakob Cedergren ist ebenfalls in ungeahnter Weise gefordert, wenn er uns durch lediglich minimale Gestik und Mimik auf die Spur des Innenlebens seines Charakters Asger Holm bringt und dafür sensibilisiert, dass mit dem Beamten am Notruftelefon einiges nicht stimmt. Schnell wird klar, dass Holm unter starken psychischem Druck steht, ihn die morgen anstehende Gerichtsverhandlung verunsichert und er trotz eines guten Gespürs für Situationen gegenüber seinen Telefonpartnern mitunter Vorurteile hat oder gegenüber diesen sogar eine mehr oder minder versteckte Abneigung zum Tragen kommt. Dass er sich an seinem letzten Tag bei einem Kollegen (Morten Thinbo) für ein vorheriges Verhalten entschuldigt, weckt auch nicht gerade Sympathie für ihn.

 

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© Ascot Elite Home Entertainment

Als Asger Holm wenige Minuten vor Feierabend die offenbar von ihrem Ehemann Michael Berg (Johan Olsen) entführte zweifache Mutter Iben Østergård (Jessica Dinnage) in der Leitung hat, die in seinem Lieferwagen auf dem Weg stadtauswärts so tut, als spräche sie mit ihrer sechsjährigen Tochter Mathilde (Katinka Evers-Jahnsen), sieht sich der Beamte einer Verantwortung ausgesetzt, die den auf ihm lastenden Druck ins Extrem steigert. Letzteres gilt auch für die Spannung des Films, der, um seine Zuschauer bei der Stange zu halten, vollends auf optische Effekte, auf Schreckmomente mit Kunstblut und maskierten Mordbuben verzichtet. Die in Realzeit erzählte Geschichte zieht auch das Tempo nicht unnatürlich an. Jede Denkpause, jedes Moment der Verblüffung und des Verstehens, die Wartezeit zwischen Telefonaten und die immergleiche Ansage auf einem Anrufbeantworter: Möller kostet all das bis zur Neige aus und setzt sein Publikum jener lustvollen Qual des Nichtwissens aus, die für Momente der Spannung seit eh und je kennzeichnend ist. Bei aller Brillanz der Inszenierung und bei aller Härte der Erzählung beschlichen mich jedoch Zweifel, ob ein derart dramatischer Fall in der Realität wirklich vom Vermögen oder Unvermögen einer einzigen Person abhängig bliebe. Nicht jede Kehre im Film erscheint in dieser Hinsicht zu 100% schlüssig und mich hat das zumindest passagenweise ein wenig gestört. Die wunderbare Schlusssequenz entschädigt allemal. Der Abgang des Film-Noir-Charakters Asger Holm ins eigene Leben ist auf den Punkt gebracht. Fazit: Ein ebenso beeindruckendes wie ungewöhnliches Debüt, das ich empfehlen kann.

 

Es gibt eine erstklassige BD- und DVD-Edition (2019) der Ascot Elite Home Entertainment GmbH mit dem Film ungekürzt im Originalformat, dazu die dänische Tonspur mit optional deutschen Untertiteln oder die deutsche Kinosynchronisation sowie den dänischen und den deutschen Trailer und ein Interview mit Gustav Möller und Jakob Cedergren als Extras.

 


Neo Noir | 2018 | International | Gustav Möller | Jakob Cedergren

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