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Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am 21. Juli 2013 - 13:36

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Nach der mir bekannten Version ist Werner Herzog Abel Ferrara vor ein paar Jahren beim Festival in Venedig mehr oder weniger zufällig über den Weg gelaufen und hat die Gelegenheit genutzt, ein paar kurze Worte des Bedauerns auszudrücken. Ferrara hatte danach erklärt, dass die Angelegenheit für ihn erledigt sei und er Herzog vergebe.

Was keineswegs eine Selbstverständlichkeit war. Denn wenn man beide 'Bad Lieutenants' an einem Abend hintereinandser anschaut, fällt einem überhaupt erst auf, wie schamlos Herzog & Co. bei Ferrara geklaut und geplündert haben: Die Sucht nach Sportwetten und Drogen, Schulden bei den Buchmachern, Beschaffungskriminalität, diverse Liebschaften mit Haupt- und Nebenfrauen, Erpressung und sexuelle Nötigung von Pärchen auf dem Parkplatz... Dies sind alles Ideen und Handlungen, die nahezu 1:1 und ohne besondere Variationen aus dem '92er 'Bad Lieutenant' übernommen wurden - ohne die Kühnheit und die Kraft des Originals zu erreichen.

Zwar ist Herzogs Film durchaus sehenswert und Nicolas Cage ein guter Schauspieler, doch im direkten Vergleich mit Ferrara & Keitel verlieren beide. Cage erinnert im Übrigen optisch und in seinem Gebaren mitunter stark an einen charismatischen Nebendarsteller aus den 50er und 60er Jahren, der auch im klassischen Film Noir eine Rolle spielte: Timothy Carey. In Stanley Kubricks 'The Killing' (1956) schießt Carey den Renngaul ab; weitere prägnante Auftritte hatte er u.a. in 'Paths of Glory' (1957) und in Marlon Brandos Kultwestern 'One Eyed Jacks'(1961). So sehr ich Cage als schrägen Charakterdarsteller schätze: Timothy Carey war in der Darstellung neurotisch-kaputter Typen seinerzeit noch besser und intensiver.

Trotz der unerreichten Vorbilder mag ich wie gesagt Werner Herzogs 'Bad Lieutenant: Port of Call - New Orleans'. Die Musik ist stimmig und der Streifen ist unterhaltsam, cool, authentisch. Nur eines ist 'Bad Lieutenant: Port of Call' meiner Ansicht nach nicht: ein moderner Film Noir oder auch Neo Noir. Dazu besitzt das Werk zu viel Humor, insbesondere Cage spielt zuweilen hart an der Grenze zur Parodie. Vor allem aber ist es der - vielleicht doppelbödige - , aber dennoch versöhnliche und geradezu märchenhafte Schluss, in dem sich alle Sorgen und Nöte in Luft auflösen, und der den Film fast in die Nähe einer schwarzen Komödie rückt und den Zuschauer zwar amüsiert, doch eben auch ungemein beruhigt und unaufgewühlt zurücklässt.

Hätte sich der Zimmerkellner und ehemalige Häftling, dem Cage einst im Hochwasser das Leben rettete, als Auftragskiller des Syndicats entpuppt, der professionell und nüchtern seinen Job ausführt und die Rache des inhaftierten Drogenbarons vollendet, dann hätte sich der Kreis auf bemerkenswerte Weise geschlossen und das Noir-Attribut wäre in meinen Augen auch halbwegs verdient. Zum Vergleich empfehle ich den Kauf und die Betrachtung von Abel Ferraras desillusionierendem Mafia-Familiendrama 'The Funeral' (1996). Dagegen wirkt Herzogs "Hommage an den Film Noir" fast wie eine heitere Seifenoper.

Barolojoe

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